Webbs Blick zum Rand der Milchstraße

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Astro­no­men haben das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop der NASA/ESA/CSA dar­auf aus­ge­rich­tet, die Außen­be­zir­ke unse­rer Milch­stra­ßen­ga­la­xie zu unter­su­chen, eine Regi­on, die von den Wis­sen­schaft­lern als „Extre­me Outer Gala­xy“ bezeich­net wird, da sie mehr als 58.000 Licht­jah­re vom galak­ti­schen Zen­trum ent­fernt ist. Zum Ver­gleich: Die Erde ist etwa 26.000 Licht­jah­re vom Zen­trum entfernt.

Digel Cloud 2S Webb
In der Digel-Wol­ke 2S ent­deck­te Webb einen leuch­ten­den Haupt­stern­hau­fen, der neu ent­stan­de­ne Ster­ne ent­hält. Meh­re­re die­ser jun­gen Ster­ne sto­ßen an ihren Polen aus­ge­dehn­te Mate­ri­al­strah­len aus. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, M. Ress­ler (NASA-JPL)

Ein Team von Wis­sen­schaft­lern nutz­te die NIR­Cam (Near-Infrared Came­ra) und das MIRI (Mid-Infrared Instru­ment) von Webb, um aus­ge­wähl­te Regio­nen inner­halb von zwei Mole­kül­wol­ken abzu­bil­den, die als Digel Clouds 1 & 2 bekannt sind. Dank sei­ner hohen Emp­find­lich­keit und schar­fen Auf­lö­sung konn­te Webb die­se Gebie­te, in denen sich Stern­hau­fen mit explo­si­ons­ar­ti­ger Stern­ent­ste­hung befin­den, in einem noch nie dage­we­se­nen Detail auf­lö­sen. Eini­ge der Details, die durch die­se Daten auf­ge­deckt wur­den, umfas­sen Kom­po­nen­ten der Hau­fen wie sehr jun­ge Pro­tos­ter­ne (Klas­se 0), Aus­strö­mun­gen und Jets sowie cha­rak­te­ris­ti­sche Nebelstrukturen.

Die­se Webb-Beob­ach­tun­gen ermög­li­chen es den Wis­sen­schaft­lern, die Stern­ent­ste­hung in der äuße­ren Milch­stra­ße genau­so detail­liert zu unter­su­chen wie die Beob­ach­tun­gen der Stern­ent­ste­hung in unse­rer eige­nen Sonnenumgebung.

Sterne im Entstehen

Obwohl die Digel­schen Wol­ken in unse­rer Gala­xie lie­gen, sind sie rela­tiv arm an Ele­men­ten, die schwe­rer als Was­ser­stoff und Heli­um sind. Auf­grund die­ser Zusam­men­set­zung ähneln sie Zwerg­ga­la­xien und unse­rer eige­nen Milch­stra­ße in ihrer frü­hen Geschich­te. Das Team nutz­te daher die Gele­gen­heit, mit Webb die Akti­vi­tät in vier Hau­fen jun­ger Ster­ne in den Digel-Wol­ken 1 und 2 zu erfas­sen: 1A, 1B, 2N und 2S.

In der Wol­ke 2S nahm Webb den Haupt­hau­fen mit jun­gen, neu ent­stan­de­nen Ster­nen auf. Die­ses dich­te Gebiet ist recht aktiv, und meh­re­re Ster­ne sto­ßen ent­lang ihrer Pole aus­ge­dehn­te Mate­ri­al­strah­len aus. Wäh­rend die Wis­sen­schaft­ler zuvor ver­mu­te­ten, dass es inner­halb der Wol­ke einen Sub­hau­fen geben könn­te, bestä­tig­ten die Bild­ge­bungs­fä­hig­kei­ten von Webb zum ers­ten Mal des­sen Exis­tenz. Aus den Daten von Webb geht her­vor, dass von die­sem Stern­hau­fen meh­re­re Jets in ver­schie­de­ne Rich­tun­gen ausstrahlen.

Die Sage der Sterne

Die Webb-Auf­nah­men der „Extre­me Outer Gala­xy“ und der „Digel-Wol­ken“ sind für das Team nur ein ers­ter Schritt. Sie beab­sich­ti­gen, die­sen Außen­pos­ten der Milch­stra­ße erneut zu besu­chen, um Ant­wor­ten auf eine Rei­he aktu­el­ler Fra­gen zu fin­den, ein­schließ­lich der rela­ti­ven Häu­fig­keit von Ster­nen ver­schie­de­ner Mas­sen inner­halb der Stern­hau­fen in den Außen­re­gio­nen unse­rer Gala­xie, eine Mes­sung, die den Astro­no­men hel­fen wür­de zu ver­ste­hen, wie eine bestimm­te Umge­bung ver­schie­de­ne Arten von Ster­nen wäh­rend ihrer Ent­ste­hung beein­flus­sen kann.

Obwohl die Geschich­te der Stern­ent­ste­hung kom­plex ist und eini­ge Kapi­tel noch immer von Geheim­nis­sen umge­ben sind, sam­melt Webb Hin­wei­se und hilft Astro­no­men, die­se kom­pli­zier­te Geschich­te zu entschlüsseln.

Die­se Ergeb­nis­se wur­den im Astro­no­mic­al Jour­nal veröffentlicht.

Die Beob­ach­tun­gen wur­den im Rah­men des Gua­ran­teed Time Obser­va­ti­on pro­gram 1237 durchgeführt.

ESA/Hubble/Webb Infor­ma­ti­on Centre

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All gebracht wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens stell­te die ESA den Start­dienst für das Tele­skop mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit ihren Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Aria­ne-5-Anpas­sun­gen für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­ser­vices durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch den Arbeits­spek­tro­gra­phen NIR­Spec und 50 % des Instru­ments für das mitt­le­re Infra­rot (MIRI) zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um aus natio­nal finan­zier­ten euro­päi­schen Insti­tu­ten (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­tät von Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen der NASA, der ESA und der kana­di­schen Welt­raum­be­hör­de (CSA).

Bild­nach­weis: NASA, ESA, CSA, STScI, M. Ress­ler (NASA-JPL)

Links

Link zur Pres­se­mit­tei­lung: ESA/Hubble/Webb weic2422

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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