Der helle Reflexionsnebel Messier 78 (NGC 2068) im Sternbild Orion wurde zu Beginn des Jahres 1780 von dem französischen Astronomen Pierre Méchain entdeckt und am 17. Dezember 1780 von Charles Messier in seinen berühmten Nebelkatalog aufgenommen. Er übernahm die Beschreibung von Méchain, der in M 78 zwei helle Kerne sah, die von Nebel umgeben waren. Seltsamerweise bemerkte der irische Astronom Lord Rosse 1851 eine spiralförmige Struktur im Nebel. Direkt nördlich befindet sich der Reflexionsnebel NGC 2071, der von M 78 durch eine vorgelagerte Dunkelwolke getrennt ist und erst in der Neujahrsnacht des Jahres 1786 von dem deutsch-britischen Astronomen Wilhelm Herschel aufgefunden wurde. Weitere Nebelteile wurden im Jahr 1864 von Heinrich Louis d’Arrest beschrieben, der einen schwachen Nebel südwestlich von M 78 entdeckte und der heute als NGC 2064 bekannt ist. Ein weiterer Nebelteil wurde im Jahr 1876 durch den deutschen Astronomen Wilhelm Leberecht Tempel gefunden und trägt die Bezeichnung NGC 2067. Der amerikanische Astronom Vesto M. Slipher, vom Lowell Observatorium, untersuchte M 78 im Jahre 1919 und entdeckte ein kontinuierliches Spektrum. Er fand heraus, dass der Nebel, im Gegensatz zu den anderen damals bekannten Gasnebeln, im reflektierten Sternenlicht seiner Umgebungssterne leuchtet. M 78 ist der einzige Reflexionsnebel im Messier-Katalog.
Ein heller Reflexionsnebel und Geburtsort neuer Sterne
Messier 78 befindet sich rund 1.600 Lichtjahren von der Erde entfernt und besitzt eine Winkelausdehnung von 8 x 6 Bogenminuten, was einer wahren Ausdehnung von mehr als 4 Lichtjahren entspricht. Er ist mit einer Helligkeit von 8,3 mag der hellste Reflexionsnebel an unserem Himmel und befindet sich oberhalb des linken Gürtelsterns des Himmelsjägers. Der Nebel steht im Schatten des berühmteren Orionnebels im gleichnamigen Sternbild und wird oft übergangen. M 78 ist der hellste Teil einer von Dunkelwolken durchzogenen Region, die zusammen mit den kleineren Reflexionsnebel NGC 2064, NGC 2067 und NGC 2071 zum großen Orion-Molekülwolken-Komplex (Orion B) gehören. In dessen Zentrum befindet sich der Große Orionnebel (Messier 42) und der De-Mairan-Nebel (Messier 43). Zum Orion-Molekülwolken-Komplex, der mehr als 200 Lichtjahre Ausdehnung besitzt, gehören außerdem noch der Pferdekopfnebel (Barnard 33), IC 434, der Flammennebel (NGC 2024), Barnards Loop (Sh2-276) und der Nebel um den Stern Meissa (Sh2-264) am Kopf des Himmelsjägers. Orion B ist wiederum Teil des deutlich größeren Orion-Monoceros-Komplex, zudem auch die Riesenmolekülwolke Monoceros R2, im benachbarten Sternbild Einhorn, gehört.
Im Gegensatz zu Emissionsnebel, wo das Gas aufgrund der hohen Temperatur der Nachbarsterne ionisiert und zum Leuchten angeregt wird, streut die Staubkomponente von M 78 das Licht seiner jungen Nachbarsterne. In vorliegenden Fall sind es zwei jung B‑Sterne (HD 385563 A und B) der 10. Größenklasse, die 50,4 Bogensekunden voneinander entfernt stehen. Die UV-Strahlung der beiden Sterne reicht nicht aus, um das Gas in M 78 zu ionisieren. Der Streuungseffekt von Staub ist bei kürzeren Wellenlängen effektiver, so dass der Nebel auf Fotos bläulich erscheint. Die gesamte Nebelregion ist von dichten Staubwolken durchzogen und enthält mehr als 100.000 Sterne, die zum großen Teil noch in ihren Geburtskokons eingebettet sind. So findet man im infraroten Spektralbereich einen jungen Sternhaufen, der sich mit seinen 192 Mitgliedssternen über ein Gebiet von 7 Bogenminuten verteilen. Aufgrund der Gravitation, hat sich das molekulare Gas in mehrere Fragmente aufgeteilt, deren dichte Kerne momentan Sterne von bis zu 5 Sonnenmassen produzieren.
Schon jetzt sind im Nebel mehr als 45 veränderliche Sterne geringer Masse vom T‑Tauri-Typ sowie 17 Herbig-Haro Objekte bekannt. Die T‑Tauri-Sterne sind sehr junge Vor-Hauptreihensterne, mit einem Alter von mehreren 100.000 Jahren, die sich noch in der Kontraktionsphase befinden und in denen noch keine Kernfusion stattfindet. Für Astrophysiker haben T‑Tauri-Sterne eine große Bedeutung, für ihr Verständnis der Entwicklung sonnenähnlicher Stern und die Bildung von extrasolaren Planetensystemen. Bei den Herbig-Haro-Objekten in M 78 handelt es sich um bipolare Objekte um sehr junge Sterne. Diese befinden sich noch in ihrem frühen Entwicklungsstadium (Protosterne) und existieren nur wenige Tausend Jahre. Diese interagieren mit der nahen Molekülwolke LDN 1630 in Form schneller, gebündelter Jets, die die Materie, auf die sie treffen, aufheizen.
Nur 1,8° östlich von Messier 78 kann noch der 9 mag helle und 11 Bogenminuten große offene Sternhaufen NGC 2112 beobachtet werden. Dieser Sternhaufen enthält rund 100 Sterne der 12. bis 13. Größenklasse und befindet sich über 2.800 Lichtjahre von der Erde entfernt weiter im Hintergrund. Er ist mit einem Alter von 2 Milliarden Jahre deutlich älter als die jungen Sterne der M 78-Nebelregion.
McNeil’s Nebula
Im Februar 2004 wurde von dem amerikanischen Hobbyastronom Julian W. McNeil, mit Hilfe seines 3 Zoll Refraktors und einer CCD-Kamera, ein neuer, stark veränderlicher und nur 1 Bogenminuten großer Nebel entdeckt, der sich 10 Bogenminuten südlich von Messier 78 befand. Die Position des Nebels ist mit der Infrarotquelle IRAS 05436–0007 assoziiert und zeigte über die Jahrzehnte verteilt Helligkeitsausbrüche. Diese wurden von einem jungen veränderlichen Stern vom FU-Orionis-Typ (V1647 Ori) verursacht, der sich direkt an der Südspitze des Nebels befindet.
Wahrscheinlich entstand der Nebel bei einem Ausbruch des Sterns im Oktober 2003. Röntgendaten des Chandra-Observatoriums legten nahe, dass ein plötzlicher Einfall von Materie auf die Oberfläche des Sterns den Ausbruch verursacht hatte. Der Ausbruch beleuchtete dem Stern umgebenden Kokon aus Gas und Staub, ähnlich wie ein Leuchtturm in einer nebligen Herbstnacht. In der Zwischenzeit ist „McNeils Nebel“ wieder verblasst und seit November 2018 komplett verschwunden, nachdem er im Jahr 2008 einen weiteren Ausbruch zeigte, der bis weit in das Jahr 2012 anhielt. Historische Daten zeigten, dass es nicht der 1. Ausbruch dieses Sterns war. Auf Fotos, die im Oktober 1966 entstanden sind, ist ebenfalls dieser Nebel vorhanden. Im Gegensatz zu 2004, blieb dieser Ausbruch von den Astronomen unentdeckt.
Beobachtung
Mit kleiner Öffnung ähnelt Messier 78 einem kleinen und lichtschwachen Kometen. Im Gegensatz zu Emissionsnebel, reagieren Reflexionsnebel nicht auf Nebelfilter. Deshalb ist ein einigermaßen dunkler und transparenter Himmel zur Beobachtung erforderlich. Unter einem guten Landhimmel ist M 78 bereits in einem 10x50 Fernglas als schwacher diffuser Nebelfleck erkennbar. Mit einem 16x70 Feldstecher und Teleskopen ab 2 bis 3 Zoll Öffnung und 50-facher Vergrößerung, erscheint er wie ein kleiner, fächerförmiger Komet, mit einer Art doppelten Kern. Die zwei Sterne der 10. Größenklasse bilden dabei den leicht versetzten Kern des „Kometenkopfes“. Ab 4 bis 6 Zoll Öffnung ist 15 Bogenminuten von M 78 entfernt auch der Nachbarnebel NGC 2071 sichtbar, der unter guten Bedingungen selbst mit 2 Zoll Öffnung schwach erkennbar ist. Alle anderen Nebel in der Umgebung erfordern mehr Teleskopöffnung oder indirektes Sehen und sind demzufolge deutlich schwieriger auszumachen. Der nordwestliche, gut ausgeprägte Teil von M 78 ist, im Gegensatz zu den anderen Seiten, scharf begrenzt. Alle anderen Teile, besonders der gegenüberliegende südöstliche Nebelteil, laufen diffus in den Hintergrund über, so dass Ähnlichkeiten mit einem Kometenschweif aufkommen. Die nordwestliche Nebelkante von M 78 tritt mit 6 Zoll Öffnung stärker hervor. Unter guten Bedingungen sollte im Zentrum nun ein weiter Stern der 13. Größenklasse sichtbar werden, der südlich der beiden helleren Sterne steht. Durch einen Dunkelwolke getrennt erkennt man nun NGC 2067, als schwachen Nebel, der sich in nordöstlicher bis südwestlicher Richtung erstreckt. Dieser verengt sich und endet bei einem Stern der 12. Größenklassen. Mit 8 Zoll Öffnung und 80 bis 100-facher Vergrößerung erkennt man die ersten Strukturen. Die gesamte Nebelregion ist von dunklem Staub überlagert. Nun sollte auch NGC 2064, südwestlich von NGC 2067, sichtbar sein. Mit 10 bis 12 Zoll Öffnung tauchen flockige und wolkenartige Strukturen auf. Die Randbereiche sind jetzt weitaus besser erkennbar und besonders der nördliche Teil deutlicher abgegrenzt.
Messier 78 kann man besten in den Wintermonaten beobachtet werden, wenn der Himmeljäger Orion hoch am Himmel steht. Der Nebel befindet sich ungefähr 2,5° nordöstlich von Alnitak (Zeta Orionis, 1,72 mag), der östliche der drei Gürtelstern des Sternbild Orion, in einem nahezu von Sternen leeren Feld. Wenn wir Alnitak ins Zentrum des Suchers einstellen, befindet sich rund 1° nördlich dieses Sterns ein weiterer Stern der 5. Größenklasse. Nach weiteren 1,5° Richtung Norden stößt man auf einen Stern der 6. Größenklasse. Von diesem aus schwenkt man nun weitere 1,5° in Richtung Osten. M 78 steht ungefähr ein Grad südöstlich eines auffälligen rechtwinkligen Sternendreiecks und sollte nun im Gesichtsfeld eines niedrig vergrößernden Okulars erkennbar sein.
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Steckbrief für Messier 78 & NGC 2071
Objektname | Messier 78 NGC 2071 |
Katalogbezeichnung | M 78, NGC 2068, vdB 59, DG 80 LBN 938 |
Typ | Reflexionsnebel, RN |
Sternbild | Orion (Orion) |
Rektaszension (J2000.0) | 05h 46m 45,8s 05h 47m 07,2s |
Deklination (J2000.0) | +00° 04′ 10″ +00° 17′ 39″ |
V Helligkeit | 8,0 mag 8,0 mag |
Flächenhelligkeit | 12,0 mag |
Winkelausdehnung | 8,0′ x 6,0′ 7,0′ x 5,0′ |
Durchmesser | 4 Lichtjahre |
Entfernung | 1.600 Lichtjahre |
Beschreibung | B,L,wisp,gmbN,3* inv,r ; Comet shaped;2 10mag * invl, 53″ sep D*(10 & 14m) w vF,L chev; H IV 36 |
Entdecker | Pierre Méchain, 1780 Wilhelm Herschel, 1786 |
Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 9 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 61 Millennium Star Atlas: Charts 253–254 (Vol I) Pocket Sky Atlas: Chart 14 Sky Atlas 2000.0: Chart 11 Uranometria 2nd Ed.: Chart 116 |