Objekte des Monats: Der Reflexionsnebel Messier 78

  • Letz­te Ände­rung:3 Jah­ren 
  • Lese­zeit:6Minu­ten
  • Wör­ter:1382
  • Bei­trags­auf­ru­fe:1536

Der hel­le Refle­xi­ons­ne­bel Mes­sier 78 (NGC 2068) im Stern­bild Ori­on wur­de zu Beginn des Jah­res 1780 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Pierre Méchain ent­deckt und am 17. Dezem­ber 1780 von Charles Mes­sier in sei­nen berühm­ten Nebel­ka­ta­log auf­ge­nom­men. Er über­nahm die Beschrei­bung von Méchain, der in M 78 zwei hel­le Ker­ne sah, die von Nebel umge­ben waren. Selt­sa­mer­wei­se bemerk­te der iri­sche Astro­nom Lord Ros­se 1851 eine spi­ral­för­mi­ge Struk­tur im Nebel. Direkt nörd­lich befin­det sich der Refle­xi­ons­ne­bel NGC 2071, der von M 78 durch eine vor­ge­la­ger­te Dun­kel­wol­ke getrennt ist und erst in der Neu­jahrs­nacht des Jah­res 1786 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Wil­helm Her­schel auf­ge­fun­den wur­de. Wei­te­re Nebel­tei­le wur­den im Jahr 1864 von Hein­rich Lou­is d’Arrest beschrie­ben, der einen schwa­chen Nebel süd­west­lich von M 78 ent­deck­te und der heu­te als NGC 2064 bekannt ist. Ein wei­te­rer Nebel­teil wur­de im Jahr 1876 durch den deut­schen Astro­no­men Wil­helm Lebe­recht Tem­pel gefun­den und trägt die Bezeich­nung NGC 2067. Der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom Ves­to M. Slipher, vom Lowell Obser­va­to­ri­um, unter­such­te M 78 im Jah­re 1919 und ent­deck­te ein kon­ti­nu­ier­li­ches Spek­trum. Er fand her­aus, dass der Nebel, im Gegen­satz zu den ande­ren damals bekann­ten Gas­ne­beln, im reflek­tier­ten Ster­nen­licht sei­ner Umge­bungs­ster­ne leuch­tet. M 78 ist der ein­zi­ge Refle­xi­ons­ne­bel im Messier-Katalog.

Ein heller Reflexionsnebel und Geburtsort neuer Sterne

Mes­sier 78 befin­det sich rund 1.600 Licht­jah­ren von der Erde ent­fernt und besitzt eine Win­kel­aus­deh­nung von 8 x 6 Bogen­mi­nu­ten, was einer wah­ren Aus­deh­nung von mehr als 4 Licht­jah­ren ent­spricht. Er ist mit einer Hel­lig­keit von 8,3 mag der hells­te Refle­xi­ons­ne­bel an unse­rem Him­mel und befin­det sich ober­halb des lin­ken Gür­tel­sterns des Him­mels­jä­gers. Der Nebel steht im Schat­ten des berühm­te­ren Ori­on­ne­bels im gleich­na­mi­gen Stern­bild und wird oft über­gan­gen. M 78 ist der hells­te Teil einer von Dun­kel­wol­ken durch­zo­ge­nen Regi­on, die zusam­men mit den klei­ne­ren Refle­xi­ons­ne­bel NGC 2064, NGC 2067 und NGC 2071 zum gro­ßen Ori­on-Mole­kül­wol­ken-Kom­plex (Ori­on B) gehö­ren. In des­sen Zen­trum befin­det sich der Gro­ße Ori­on­ne­bel (Mes­sier 42) und der De-Mai­ran-Nebel (Mes­sier 43). Zum Ori­on-Mole­kül­wol­ken-Kom­plex, der mehr als 200 Licht­jah­re Aus­deh­nung besitzt, gehö­ren außer­dem noch der Pfer­de­kopf­ne­bel (Bar­nard 33), IC 434, der Flam­men­ne­bel (NGC 2024), Bar­nards Loop (Sh2-276) und der Nebel um den Stern Meis­sa (Sh2-264) am Kopf des Him­mels­jä­gers. Ori­on B ist wie­der­um Teil des deut­lich grö­ße­ren Ori­on-Mono­ce­ros-Kom­plex, zudem auch die Rie­sen­mo­le­kül­wol­ke Mono­ce­ros R2, im benach­bar­ten Stern­bild Ein­horn, gehört.

Nebelgebiete im Sternbild Orion
Nebel der Ori­on-Mono­ce­ros-Mole­kül­wol­ke im Stern­bild Orion 

Im Gegen­satz zu Emis­si­ons­ne­bel, wo das Gas auf­grund der hohen Tem­pe­ra­tur der Nach­bar­ster­ne ioni­siert und zum Leuch­ten ange­regt wird, streut die Staub­kom­po­nen­te von M 78 das Licht sei­ner jun­gen Nach­bar­ster­ne. In vor­lie­gen­den Fall sind es zwei jung B‑Sterne (HD 385563 A und B) der 10. Grö­ßen­klas­se, die 50,4 Bogen­se­kun­den von­ein­an­der ent­fernt ste­hen. Die UV-Strah­lung der bei­den Ster­ne reicht nicht aus, um das Gas in M 78 zu ioni­sie­ren. Der Streu­ungs­ef­fekt von Staub ist bei kür­ze­ren Wel­len­län­gen effek­ti­ver, so dass der Nebel auf Fotos bläu­lich erscheint. Die gesam­te Nebel­re­gi­on ist von dich­ten Staub­wol­ken durch­zo­gen und ent­hält mehr als 100.000 Ster­ne, die zum gro­ßen Teil noch in ihren Geburts­ko­kons ein­ge­bet­tet sind. So fin­det man im infra­ro­ten Spek­tral­be­reich einen jun­gen Stern­hau­fen, der sich mit sei­nen 192 Mit­glieds­ster­nen über ein Gebiet von 7 Bogen­mi­nu­ten ver­tei­len. Auf­grund der Gra­vi­ta­ti­on, hat sich das mole­ku­la­re Gas in meh­re­re Frag­men­te auf­ge­teilt, deren dich­te Ker­ne momen­tan Ster­ne von bis zu 5 Son­nen­mas­sen produzieren.

Messier 78
Mes­sier 78 & NGC 2071 – Auf­nah­me von Tom­my Nawra­til, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Schon jetzt sind im Nebel mehr als 45 ver­än­der­li­che Ster­ne gerin­ger Mas­se vom T‑Tau­ri-Typ sowie 17 Herbig-Haro Objek­te bekannt. Die T‑Tau­ri-Ster­ne sind sehr jun­ge Vor-Haupt­rei­hen­ster­ne, mit einem Alter von meh­re­ren 100.000 Jah­ren, die sich noch in der Kon­trak­ti­ons­pha­se befin­den und in denen noch kei­ne Kern­fu­si­on statt­fin­det. Für Astro­phy­si­ker haben T‑Tau­ri-Ster­ne eine gro­ße Bedeu­tung, für ihr Ver­ständ­nis der Ent­wick­lung son­nen­ähn­li­cher Stern und die Bil­dung von extra­so­la­ren Pla­ne­ten­sys­te­men. Bei den Herbig-Haro-Objek­ten in M 78 han­delt es sich um bipo­la­re Objek­te um sehr jun­ge Ster­ne. Die­se befin­den sich noch in ihrem frü­hen Ent­wick­lungs­sta­di­um (Pro­tos­ter­ne) und exis­tie­ren nur weni­ge Tau­send Jah­re. Die­se inter­agie­ren mit der nahen Mole­kül­wol­ke LDN 1630 in Form schnel­ler, gebün­del­ter Jets, die die Mate­rie, auf die sie tref­fen, aufheizen.

Nebel im Oriongürtel
Nebel im Gür­tel des Ori­on – Mes­sier 78 befin­det sich links oben im Bild

Nur 1,8° öst­lich von Mes­sier 78 kann noch der 9 mag hel­le und 11 Bogen­mi­nu­ten gro­ße offe­ne Stern­hau­fen NGC 2112 beob­ach­tet wer­den. Die­ser Stern­hau­fen ent­hält rund 100 Ster­ne der 12. bis 13. Grö­ßen­klas­se und befin­det sich über 2.800 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt wei­ter im Hin­ter­grund. Er ist mit einem Alter von 2 Mil­li­ar­den Jah­re deut­lich älter als die jun­gen Ster­ne der M 78-Nebelregion.

McNeil’s Nebula

Im Febru­ar 2004 wur­de von dem ame­ri­ka­ni­schen Hob­by­as­tro­nom Juli­an W. McN­eil, mit Hil­fe sei­nes 3 Zoll Refrak­tors und einer CCD-Kame­ra, ein neu­er, stark ver­än­der­li­cher und nur 1 Bogen­mi­nu­ten gro­ßer Nebel ent­deckt, der sich 10 Bogen­mi­nu­ten süd­lich von Mes­sier 78 befand. Die Posi­ti­on des Nebels ist mit der Infra­rot­quel­le IRAS 05436–0007 asso­zi­iert und zeig­te über die Jahr­zehn­te ver­teilt Hel­lig­keits­aus­brü­che. Die­se wur­den von einem jun­gen ver­än­der­li­chen Stern vom FU-Orio­nis-Typ (V1647 Ori) ver­ur­sacht, der sich direkt an der Süd­spit­ze des Nebels befindet. 

McNeil's Nebula
McN­eils Nebel in den Jah­ren 2004 und 2006 – Cre­dit: ESO/T. A. Rector/University of Alas­ka Ancho­ra­ge, H. Schweiker/WIYN and NOAO/AURA/NSF and Igor Che­ka­lin, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Wahr­schein­lich ent­stand der Nebel bei einem Aus­bruch des Sterns im Okto­ber 2003. Rönt­gen­da­ten des Chandra-Obser­va­to­ri­ums leg­ten nahe, dass ein plötz­li­cher Ein­fall von Mate­rie auf die Ober­flä­che des Sterns den Aus­bruch ver­ur­sacht hat­te. Der Aus­bruch beleuch­te­te dem Stern umge­ben­den Kokon aus Gas und Staub, ähn­lich wie ein Leucht­turm in einer neb­li­gen Herbst­nacht. In der Zwi­schen­zeit ist „McN­eils Nebel“ wie­der ver­blasst und seit Novem­ber 2018 kom­plett ver­schwun­den, nach­dem er im Jahr 2008 einen wei­te­ren Aus­bruch zeig­te, der bis weit in das Jahr 2012 anhielt. His­to­ri­sche Daten zeig­ten, dass es nicht der 1. Aus­bruch die­ses Sterns war. Auf Fotos, die im Okto­ber 1966 ent­stan­den sind, ist eben­falls die­ser Nebel vor­han­den. Im Gegen­satz zu 2004, blieb die­ser Aus­bruch von den Astro­no­men unentdeckt.

Beobachtung

Mit klei­ner Öff­nung ähnelt Mes­sier 78 einem klei­nen und licht­schwa­chen Kome­ten. Im Gegen­satz zu Emis­si­ons­ne­bel, reagie­ren Refle­xi­ons­ne­bel nicht auf Nebel­fil­ter. Des­halb ist ein eini­ger­ma­ßen dunk­ler und trans­pa­ren­ter Him­mel zur Beob­ach­tung erfor­der­lich. Unter einem guten Land­him­mel ist M 78 bereits in einem 10x50 Fern­glas als schwa­cher dif­fu­ser Nebel­fleck erkenn­bar. Mit einem 16x70 Feld­ste­cher und Tele­sko­pen ab 2 bis 3 Zoll Öff­nung und 50-facher Ver­grö­ße­rung, erscheint er wie ein klei­ner, fächer­för­mi­ger Komet, mit einer Art dop­pel­ten Kern. Die zwei Ster­ne der 10. Grö­ßen­klas­se bil­den dabei den leicht ver­setz­ten Kern des „Kome­ten­kop­fes“. Ab 4 bis 6 Zoll Öff­nung ist 15 Bogen­mi­nu­ten von M 78 ent­fernt auch der Nach­bar­ne­bel NGC 2071 sicht­bar, der unter guten Bedin­gun­gen selbst mit 2 Zoll Öff­nung schwach erkenn­bar ist. Alle ande­ren Nebel in der Umge­bung erfor­dern mehr Tele­s­ko­pöff­nung oder indi­rek­tes Sehen und sind dem­zu­fol­ge deut­lich schwie­ri­ger aus­zu­ma­chen. Der nord­west­li­che, gut aus­ge­präg­te Teil von M 78 ist, im Gegen­satz zu den ande­ren Sei­ten, scharf begrenzt. Alle ande­ren Tei­le, beson­ders der gegen­über­lie­gen­de süd­öst­li­che Nebel­teil, lau­fen dif­fus in den Hin­ter­grund über, so dass Ähn­lich­kei­ten mit einem Kome­ten­schweif auf­kom­men. Die nord­west­li­che Nebel­kan­te von M 78 tritt mit 6 Zoll Öff­nung stär­ker her­vor. Unter guten Bedin­gun­gen soll­te im Zen­trum nun ein wei­ter Stern der 13. Grö­ßen­klas­se sicht­bar wer­den, der süd­lich der bei­den hel­le­ren Ster­ne steht. Durch einen Dun­kel­wol­ke getrennt erkennt man nun NGC 2067, als schwa­chen Nebel, der sich in nord­öst­li­cher bis süd­west­li­cher Rich­tung erstreckt. Die­ser ver­engt sich und endet bei einem Stern der 12. Grö­ßen­klas­sen. Mit 8 Zoll Öff­nung und 80 bis 100-facher Ver­grö­ße­rung erkennt man die ers­ten Struk­tu­ren. Die gesam­te Nebel­re­gi­on ist von dunk­lem Staub über­la­gert. Nun soll­te auch NGC 2064, süd­west­lich von NGC 2067, sicht­bar sein. Mit 10 bis 12 Zoll Öff­nung tau­chen flo­cki­ge und wol­ken­ar­ti­ge Struk­tu­ren auf. Die Rand­be­rei­che sind jetzt weit­aus bes­ser erkenn­bar und beson­ders der nörd­li­che Teil deut­li­cher abgegrenzt.

Aufsuchkare
Auf­such­kar­te für Mes­sier 78 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 78 kann man bes­ten in den Win­ter­mo­na­ten beob­ach­tet wer­den, wenn der Him­mel­jä­ger Ori­on hoch am Him­mel steht. Der Nebel befin­det sich unge­fähr 2,5° nord­öst­lich von Alni­tak (Zeta Orio­nis, 1,72 mag), der öst­li­che der drei Gür­tel­stern des Stern­bild Ori­on, in einem nahe­zu von Ster­nen lee­ren Feld. Wenn wir Alni­tak ins Zen­trum des Suchers ein­stel­len, befin­det sich rund 1° nörd­lich die­ses Sterns ein wei­te­rer Stern der 5. Grö­ßen­klas­se. Nach wei­te­ren 1,5° Rich­tung Nor­den stößt man auf einen Stern der 6. Grö­ßen­klas­se. Von die­sem aus schwenkt man nun wei­te­re 1,5° in Rich­tung Osten. M 78 steht unge­fähr ein Grad süd­öst­lich eines auf­fäl­li­gen recht­wink­li­gen Ster­nen­drei­ecks und soll­te nun im Gesichts­feld eines nied­rig ver­grö­ßern­den Oku­lars erkenn­bar sein.

Auf­such­kar­te Mes­sier 78 (120,4 KiB, 316 hits)

Steckbrief für Messier 78 & NGC 2071

Objekt­na­meMes­sier 78
NGC 2071
Kata­log­be­zeich­nungM 78, NGC 2068, vdB 59, DG 80
LBN 938
TypRefle­xi­ons­ne­bel, RN
Stern­bildOri­on (Ori­on)
Rekt­aszen­si­on
(J2000.0)
05h 46m 45,8s
05h 47m 07,2s
Dekli­na­ti­on
(J2000.0)
+00° 04′ 10″
+00° 17′ 39″
V Hel­lig­keit8,0 mag
8,0 mag
Flä­chen­hel­lig­keit12,0 mag
Win­kel­aus­deh­nung8,0′ x 6,0′
7,0′ x 5,0′
Durch­mes­ser4 Licht­jah­re
Ent­fer­nung1.600 Licht­jah­re
Beschrei­bungB,L,wisp,gmbN,3* inv,r ; Comet shaped;2 10mag * invl, 53″ sep
D*(10 & 14m) w vF,L chev; H IV 36
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1780
Wil­helm Her­schel, 1786
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 9
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 61
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 253–254 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 14
Sky Atlas 2000.0: Chart 11
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 116

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert