Am 30. Mai 2014 fuhren der Großteil unserer Astrogruppe von Tivoli aus zum Sundowner auf die Nachbarfarm. Dieser Höhepunkt unseres Besuches findet regelmäßig am Ende eines jeden Astromonats statt. Dabei geht es mit dem offenen Pickup auf eine nur 13 km Luftlinie entfernten Landmarke, an den Rand der Kalahari.
Wir brechen kurz nach 15:30 Uhr auf. Die ganz Mutigen dürfen auf der Ladefläche von Reinholds Pickup Platz nehmen. Die anderen fahren zusammen mit Kirsten im geschlossen Geländewagen. Die Fahrt dauert ungefähr eine knappe halbe Stunde, immer geradeaus die Straße entlang, die diesen Titel eigentlich nicht verdient. Für mich kommt dieses kleine Abenteuer gerade recht: Man sieht etwas mehr von der Gegend und man braucht nicht ständig die gleichen Büsche fotografieren. Außerdem macht es Spaß, sich den kühlen Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Dementsprechend super ist auch die Stimmung. Von weitem erkennt man schon die Düne, unser Ziel für den Sundowner. Wir biegen nach links ab, fahren einen Schleichweg entlang und halten an einem Zaun. Reinhold springt aus dem Fahrzeug und öffnet das Gatter. Nach einigen Minuten trifft auch Kirsten mit den anderen Teilnehmern ein.
Wir erreichen den Fuß der Düne. Nun dauert es nicht mehr lange, bis die Sonne über der Savanne Namibias untergeht. So bleibt noch genügend Zeit, ein paar Fotos von der faszinierenden Landschaft zu schießen. Mittlerweile stehen auch schon die Campingstühle. Kleinere Snacks und Salzgebäck stehen auf einem kleinen Tisch bereit und warten, von den Teilnehmern verspeist zu werden. Ich probiere ein Stück Trockenfleisch, was allerdings nicht so mein Fall ist. Dagegen schmeckt das geräucherte Fleisch eines Springbockes vorzüglich. Dazu werden eisgekühlte Softdrinks sowie alkoholische Getränke serviert. Ich gönne mir einen Gin Tonic, eine Flasche Windhoeck und ein Glas Rotwein.
Steht man auf dem höchsten Punkt der Düne, inmitten des Dünenhafers, hat man einen wunderbaren Blick hinaus in die Landschaft. Von weitem entdecken wir unsere Astrofarm, die wie eine entfernte Oase inmitten der Trockensavanne erscheint. Nun soll es nicht mehr lange dauern, bis die Sonne über dem Westhorizont verschwindet. Die Schatten werden auch immer länger und wir begeben uns zu unseren Stühlen. Der Sand der Düne färbt sich im schwindenden Licht blutrot und bildet einen wunderschönen Kontrast mit dem dunkelblau des Himmels.
Kurze Zeit später verschwindet die Sonne hinter dem Horizont. Immer wieder faszinierend, wie schnell das von statten geht. Kein Wunder, befinden wir uns doch am südlichen Wendekreis, wo die Ekliptik sehr steil zum Horizont verläuft. Dementsprechend kurz ist auch die Dämmerung. Die Dämmerungsfarben des Himmels sind wirklich kaum zu beschreiben. Dort, wo die Sonne gerade untergegangen ist, ist der Himmel in ein oranges Licht getaucht. Weiter höher sieht man gelbliche, rosafarbene und violette Töne, die schließlich in Zenitnähe in ein Dunkelblau übergehen. Nun entdecken wir auch die schmale Mondsichel, die sich noch knapp 20 Grad über dem Horizont befindet.
Die Dämmerung schreitet mit rasantem Tempo voran. Plötzlich tauchen die ersten hellen Sterne und Planeten auf. Neben Sirius und Canopus, erkenne ich schon den Riesenplaneten Jupiter im Westen sowie Mars und Saturn. Selbst Merkur ist, etwas abgesetzt südwestlich der Mondsichel, zu sehen. Jetzt wird es auch merklich kühler und der Himmel immer dunkler. Genau vor mir, niedrig im Westen, erkenne ich das Sternbild Orion, auf der Seite liegend. Die Gürtelsterne stehen dabei nahezu senkrecht über dem Horizont. Hoch im Süden bemerke ich das falsche Kreuz, das echte Kreuz des Südens sowie Alpha und Beta Centauri. Auch die Milchstraße schält sich langsam aus der abendlichen Restdämmerung heraus und wird immer besser sichtbar.
Mittlerweile ist die Nacht über der Savanne Namibias hereingebrochen. Wir packen wieder alles zusammen und klettern zurück auf die Ladefläche des Trucks. Während der Fahrt zurück zur Farm ist es hinten auf dem Fahrzeug furchtbar kalt. Ich versuche es zu ignorieren, denn über meinem Kopf spannt sich ein wunderschöner Sternenhimmel, mit einer deutlich sichtbaren Milchstraße. Und ich befinde mich mit meinen Kameraden inmitten des südlichen Afrikas, auf der Ladefläche eines Pickups, der eine Schotterpiste entlang rast. Ein unbeschreibliches Gefühl, obwohl auch die Anderen sichtbar mit dem kalten Fahrtwind kämpfen. Ab und zu passieren wir eine Warmluftzelle, wo sich die Temperatur schlagartig ändert und wir uns für einige Sekunden aufwärmen können. Ich freue mich schon auf die kommende Beobachtungsnacht. Nun wird es nicht mehr lange dauern, bis wir wieder das Farmgelände erreichen. Derweilen genieße ich die Fahrt und den Anblick des südlichen Sternenhimmels…