Licht und Schatten

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Europa bei Nacht (Quelle: NASA)Die Licht­ver­schmut­zung, mit dem vie­ler­orts recht sorg­lo­sen Umgang mit Kunst­licht, ist eine rela­tiv neue Art von Umwelt­ver­schmut­zung und auch ein hoch kom­ple­xes The­ma. Ganz unter­schied­li­che Arten von Licht­quel­len, wie Stra­ßen­be­leuch­tung, Licht­ef­fekt­ge­rä­te, Flut­licht­an­la­gen, die Beleuch­tung von Hoch­häu­sern und his­to­ri­schen Gebäu­den, sowie von Gewer­be- und Indus­trie­ge­bie­ten, haben einen gro­ßen Anteil für die zuneh­men­de Licht­emis­si­on. Dabei ist beson­ders das nach oben und hori­zon­tal abge­strahl­te oder reflek­tier­te Licht pro­ble­ma­tisch, wel­ches über­wie­gend durch inef­fek­tiv kon­stru­ier­te Beleuch­tungs­an­la­gen ver­ur­sacht wird. Ver­stärkt wird der Effekt durch in der Luft vor­han­de­ner Staub­par­ti­kel und Aero­so­le, die das Licht reflek­tie­ren, bre­chen und streuen.

Licht zum fal­schen Zeit­punkt hat außer­dem nach­weis­ba­re Aus­wir­kun­gen auf Flo­ra und Fau­na. Der Rhyth­mus und die Licht­men­ge der Beleuch­tung bringt den Bio­rhyth­mus von Mensch und Tier durch­ein­an­der. Die Bal­lungs­zen­tren unse­rer Zivi­li­sa­ti­on, mit ihren weit sicht­ba­ren Licht­ke­geln der Groß­städ­te, sind selbst in länd­lich gepräg­ten Gebie­ten zu sehen und beson­ders auf der Nacht­sei­te der Erde und vom Welt­all aus deut­lich zu erken­nen. Und jede Nacht kom­men neue Lich­ter hin­zu. Auch herrscht in unse­rer Gesell­schaft lei­der immer noch die Mei­nung vor, dass viel Licht gesund sei. Dabei sind Beleuch­tun­gen vie­ler­orts nicht unbe­dingt not­wen­dig oder sogar unsin­nig. Nicht ohne Grund haben Natur­schüt­zer, Wis­sen­schaft­ler und Ein­zel­per­so­nen der zuneh­men­den Licht­ver­schmut­zung den Kampf angesagt. 

Das Pro­blem der zuneh­men­den Licht­ver­schmut­zung wird aber von den meis­ten Mit­men­schen ent­we­der igno­riert oder sogar belä­chelt. Dabei las­sen sich mit aus­ge­klü­gel­ter und sinn­vol­ler Beleuch­tung sogar Ener­gie und Geld spa­ren, was nicht nur dem Men­schen, son­dern auch der Umwelt, dem Kli­ma sowie dem gesam­ten Öko­sys­tem zu gute kommt. Um die beson­ders für Hob­by­as­tro­no­men rele­van­te Auf­hel­lung des Nacht­him­mels ent­ge­gen zu wir­ken, kön­nen des­halb fol­gen­de ein­fa­che Stra­te­gien und Maß­nah­men helfen:

  • Die Ver­mei­dung von hel­len und weit­rei­chen­den künst­li­chen Licht­quel­len in der frei­en Landschaft.
  • Das Licht soll­te aus­schließ­lich in die Berei­che gelenkt wer­den, die künst­lich beleuch­tet wer­den müssen.
  • Es müs­sen Licht­quel­len aus­ge­wählt wer­den, die zum Bei­spiel auch für Insek­ten im wir­kungs­ar­men Spek­trum liegen.
  • Eine Begren­zung der Betriebs­dau­er zum Bei­spiel In Form von Zeit­schalt­uh­ren auf die not­wen­di­ge Zeit.

Das Thema Lichtverschmutzung in den Medien

Vor län­ge­rer Zeit gab es in den Medi­en eini­ge Arti­kel­se­ri­en und Doku­men­ta­tio­nen zum The­ma Licht­ver­schmut­zung. Beson­ders erwäh­nens­wert war die Arte-Sen­dung vom 20. Janu­ar 2009 mit dem Titel “Die dunk­le Sei­te des Lichts” und eine “W wie Wis­sen” Sen­dung in der ARD vom 1. Febru­ar zum glei­chen The­ma. Nun wur­de vor kur­zem auch die von Roy Hengst vor dem Deut­schen Bun­des­tag ein­ge­brach­te Peti­ti­on gegen Licht­ver­schmut­zung abge­schlos­sen. Der Initia­tor hat im Astro­treff-Forum auch den Wort­laut des Begrün­dungs­tex­tes ver­öf­fent­licht. Dem­nach sieht der Geset­zes­ge­ber momen­tan noch kei­ne Not­wen­dig­keit, gesetz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen zur Ein­däm­mung der Licht­ver­schmut­zung zu schaf­fen. 🙁 Das alles ist auch im KOS­MO­logs-Blog „Him­mels­lich­ter“ von Jan Hat­ten­bach nachzulesen.

Für die­je­ni­gen, die sich über das weit­rei­chen­de Pro­blem der zuneh­men­den Licht­ver­schmut­zung infor­mie­ren wol­len und die Sen­dung vom Janu­ar die­sen Jah­res ver­passt haben, habe ich den Inhalt und die wich­tigs­ten Aus­sa­gen die­ser inter­es­san­ten Sen­dung mal kurz zusammengefasst:

Astronomen brauchen Dunkelheit

Astro­no­mie ist Grund­la­gen­for­schung. In der Ver­gan­gen­heit, noch vor der Erfin­dung der Glüh­bir­ne, befan­den sich tra­di­tio­nel­le Stern­war­ten in bzw. am Rand der Städ­te. Die zuneh­men­de Him­mels­auf­hel­lung ließ die Ster­ne lang­sam ver­schwin­den. Des­halb muss­ten Astro­no­men in immer abge­le­ge­ne­re Gebie­te aus­wei­chen, wo der Him­mel noch dun­kel ist, um über­haupt For­schung zu betrei­ben. Jede Art von Kunst­licht erschwert näm­lich die Beob­ach­tung. Es wird auch geschätzt, dass jeder zwei­te Euro­pä­er noch nie die Milch­stra­ße gese­hen hat.

Observatorio del TeideAuf Tene­rif­fa befin­det sich das Obser­va­to­rio del Tei­de. Seit 1988 wird hier der Nacht­him­mel durch ein Gesetz geschützt. So dür­fen in der nahe gele­ge­nen Ort­schaft, am Fuße des Tei­de, nur Leucht­mit­tel ein­ge­setzt wer­den, die einen hohen Gelb­an­teil im Spek­trum auf­wei­sen – weil gel­bes Licht den Him­mel nicht so stark auf­hellt wie blau­es. Gleich­zei­tig spart es noch Ener­gie. Auch dür­fen Lam­pen ihr Licht nur in Rich­tung Boden abge­ben und nicht nach oben oder horizontal.

Schwindene Insektenpopulation

Eichenspinner (Lasiocampa quercus)Der Licht­sinn ist für vie­le Insek­ten der wich­tigs­te Sinn. Licht, ins­be­son­de­re das mit hohem Blau­an­teil, wirkt im Höchst­maß anzie­hend auf die­se Tie­re. Des­halb ster­ben jede Nacht Tau­sen­de an Erschöp­fung, weil sie stun­den­lang hel­le Licht­quel­len umschwir­ren. Durch die künst­li­chen Beleuch­tung, sind man­cher­orts schon gan­ze Arten ver­schwun­den. Die­ser so genann­te Leer­fang­ef­fekt hat auch nega­ti­ven Ein­fluss auf die Pflan­zen­welt. Denn ¾ aller Blü­ten­pflan­zen sind auf Insek­ten­be­stäu­bung ange­wie­sen, was im Nach­hin­ein auch einen erheb­li­chen Ein­fluss auf die Land­wirt­schaft des Men­schen hat.

Die Stadt Düs­sel­dorf geht hier mit gutem Bei­spiel vor­an und ver­sucht den zuneh­men­den Licht­smog mit neu­er Stra­ßen­be­leuch­tung ein­zu­däm­men. LED-Lam­pen spa­ren bis zu 50% Ener­gie und Strah­len ihr Licht – auf Grund ihrer Bau­wei­se – nur zum Boden hin ab. Eine Abstrah­lung in den Him­mel wird somit ver­mie­den. Die­se Lam­pen zie­hen durch ihren Gelb­an­teil im Spek­trum auch weni­ger Insek­ten an.

Gefährdung vom Aussterben bedrohter Tierarten

Karibische MeeresschildkröteTier­schüt­zer kämp­fen in Flo­ri­da schon seit Jah­ren gegen über­mä­ßi­ge Beleuch­tung, weil die­se die hei­mi­schen Mee­res­schild­krö­ten gefähr­det. Aus die­sem Grund gibt es seit 1997 ein Gesetz, dass die Stär­ke und Art der Beleuch­tung regelt. Hier wird nur so viel Licht ein­ge­setzt, wie für die Sicher­heit der Ein­woh­ner nötig ist.
Beim Schlüp­fen ori­en­tie­ren sich die Jung­tie­re nach der stärks­ten Licht­quel­le am Hori­zont. Und die­ser ist nor­ma­ler­wei­se der Golf von Mexi­ko. Durch die künst­li­che Beleuch­tung wer­den die Tie­re in die Irre gelei­tet und ster­ben oft an Erschöp­fung oder Aus­trock­nung. Vie­le wer­den aber auch von Autos über­fah­ren. Des­halb darf das Licht nicht in Rich­tung Meer, son­dern nur in das Lan­des­in­ne­re strahlen.

Gefährdung von Zugvögeln

Wildgänse beim 9. HTTZwei Drit­tel aller Zug­vö­gel wan­dern nachts und ori­en­tie­ren sich dabei am Ster­nen­him­mel. Kunst­licht irri­tiert Vögel, so dass die­se geblen­det und von ihren Zug­rou­ten abge­lenkt wer­den. Ähn­lich wie bei Insek­ten wirkt Licht auf sie anzie­hend. Es gab schon Fäl­le, wo Vögel in Licht­ke­geln von Licht­ef­fekt­ge­rä­ten regel­recht gefan­gen wur­den und die­se stun­den­lang bis zur Erschöp­fung umflo­gen. Auch stel­len beleuch­te­te Hoch­häu­ser eine töd­li­che Gefahr für Vögel dar. Selbst punk­tu­el­le Licht­quel­len haben einen Ein­fluss auf den Ori­en­tie­rungs­sinn. Aller­dings hat man fest­ge­stellt, dass Blink­lich­ter kei­nen so gro­ßen Effekt auf die Tie­re ausüben.

Gefahr für die Gesundheit des Menschen

Hong Kong Skyline © David IliffDer Mensch ist nor­ma­ler­wei­se eine tag­ak­ti­ve Spe­zi­es. Licht steu­ert den 24 Stun­den Takt der inne­ren Uhr. Beson­ders Schicht­ar­bei­ter haben dadurch Pro­ble­me und Schlaf­stö­run­gen sind kei­ne Seltenheit.
Chro­no­bio­lo­gen unter­su­chen des­halb den Ein­fluss von künst­li­chen Licht auf den Men­schen. Lei­der ist es in einer moder­nen Indus­trie­ge­sell­schaft so, dass man am Tag zu wenig und in der Nacht zu viel davon abbe­kommt. Es tre­ten Krank­hei­ten, Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen und Stö­run­gen des Hor­mon­haus­halts auf.
Durch das Kunst­licht, ins­be­son­de­re nachts, gerät die inne­re Uhr aus dem Gleich­ge­wicht. Das hat zur Fol­ge, dass das Mela­to­nin, wel­ches auch ein Anti­oxi­dant ist, unter­drückt wird. Das Risi­ko an Krebs zu erkran­ken wird dadurch gestei­gert. Beson­ders die Art der Licht­quel­len, z.B. bei Stra­ßen- und Büro­be­leuch­tun­gen und selbst im Haus­halt, hat einen erheb­li­chen Ein­fluss auf das Hor­mon. Kal­tes wei­ßes Licht mit hohem Blau­an­teil wirkt unter­drü­ckend, hin­ge­gen wird bei war­men wei­ßen Licht die Aus­schüt­tung kaum beeinflusst.

Wei­ter­füh­ren­de Links:

Dark Sky – Initia­ti­ve gegen Lichtverschmutzung
Dark Ski­es – Awareness
Inter­na­tio­nal Dark-Sky Asso­cia­ti­on – IDA
Deut­scher Bun­des­tag – Peti­ti­on gegen Lichtverschmutzung
Der Spie­gel – Der Tod der Nacht
Spek­trum direkt – Es wer­de Nacht
Natio­nal Geo­gra­phic Arti­kel – Es wer­de Nacht!
Der Tages­spie­gel – Der unsicht­ba­re Himmel
Do1 TV – Die Zer­stö­rung der Nacht

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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