NGC 1502 ist ein offener Sternhaufen im nördlichen Sternbild Giraffe (Camelopardalis). Er wurde am 3. November 1787 vom deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel mit seinem 18,7‑Zoll-Spiegelteleskop entdeckt. Herschel beschrieb ihn als einen ziemlich reichen und bemerkenswert dichten Sternhaufen von etwas länglicher Form. Sein Sohn John Herschel beobachtete ihn später erneut und nahm ihn unter der Nummer 802 in seinen „General Catalogue of Nebulae and Clusters“ auf. Im englischen Sprachraum ist NGC 1502 auch als „Jolly Roger Cluster“ bzw. „Golden Harp Cluster“ bekannt.
Ein junger Sternhaufen in der Giraffe
NGC 1502 ist ein hübscher offener Sternhaufen mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,7 mag und einer Winkelausdehnung von 20 Bogenminuten. Seine Ausdehnung entspricht ungefähr zwei Dritteln des scheinbaren Durchmessers unseres Vollmonds. Der recht konzentrierte Sternhaufen der Trumpler-Klasse II3p ist bereits in einem kleinen Fernglas sichtbar. Er befindet sich 3.500 Lichtjahre von der Erde entfernt. Bei NGC 1502 handelt es sich um einen mit Sternen schwach besiedelten Haufen mit einem großen Helligkeitsbereich seiner Mitgliedssterne. In ihm konzentrieren sich rund 60 Haufenmitglieder der 9. bis 11. Größenklasse innerhalb eines Durchmessers von ungefähr 6 Lichtjahren. Die Sterne sind allesamt junge, heiße O- und B‑Sterne, die sich vor nur 5 bis 10 Millionen Jahren aus einer Gaswolke gebildet haben.

Mindestens 19 dieser Mitglieder sind heller als 11 mag. Das Licht der Mitgliedssterne wird durch das interstellare Medium um eine halbe Größenklasse abgeschwächt und stark gerötet. Der interstellare Staub zwischen uns und NGC 1502 befindet sich in einer Entfernung von 815 bis 2.800 Lichtjahren von der Erde. Gleichzeitig ist der Haufen wahrscheinlich ein Mitglied der Camelopardalis OB1-Assoziation und Teil des Orion-Spiralarms unserer Milchstraße, in dem sich auch unsere Sonne befindet. Er steht am äußeren Rand dieser Assoziation und gehört zur Untergruppe Cam OB1‑C dieser 11 Millionen Jahre alten Sternentstehungsregion. Vom Alter her ist NGC 1502 mit NGC 663 in der Cassiopeia und NGC 1893 in Auriga vergleichbar, die nach jüngsten Schätzungen nur 9 bzw. 4 Millionen Jahre alt sind.
Im Zentrum des galaktischen Haufens befindet sich der 6,9 mag helle optische Doppelstern Struve 458 (ADS 2984 AB). Dessen heiße und massereiche Komponenten stehen nur 18 Bogensekunden auseinander. Sie sind spektroskopisch ebenfalls doppelt, sodass sie ein massereiches Mehrfachsystem aus insgesamt neun Sternen bilden. Die Hauptkomponente besitzt die Spektralklasse B0. Die nördliche Komponente des Doppelsterns ist der Bedeckungsveränderliche CZ Camelopardalis. Er ändert alle 2,7 Tage seine Helligkeit um 0,3 Größenklassen. Gemeinsam sind sie das hellste Sternsystem in NGC 1502 und mit einer scheinbaren Helligkeit zwischen 7 und 14 mag in einem handelsüblichen 20 cm Teleskop sichtbar. Sie erinnern an das Trapez im Orionnebel.
Unter den Mitgliedern des Haufens befinden sich elf veränderliche Sterne und vier veränderliche Kandidaten, darunter ein Beta-Cephei-Stern, zwei periodische B‑Typ-Veränderliche, zwei bis drei Bedeckungsveränderliche und ein RR-Lyrae-Stern. Ferner weisen fünf Mitglieder des Haufens chemische Eigenarten in ihren Spektren auf. Auch der blaue Überriese Alpha Camelopardalis (4,3 mag) war vermutlich ein ursprüngliches Mitglied des Sternhaufens. Er wurde später ausgestoßen und ist nun ein sogenannter Runaway-Stern. Laut aktuellen Messungen der Raumsonde Gaia, die den Stern in einer Entfernung von 5.500 Lichtjahren verortet, ist eine ehemalige Zugehörigkeit zu dem Haufen jedoch eher unwahrscheinlich. In unmittelbarer Nachbarschaft und in derselben Entfernung zu NGC 1502 stehen mehrere Nebel: darunter die HII-Region Sharpless 205 (Sh2-205) und die beiden Reflexionsnebel vdB 14 und vdB 15.
Kemble’s Cascade
Eine auffallend attraktive Sternenkette scheint direkt in den Sternhaufen zu münden. Am besten beobachtet man diese kosmische Kette mit einem Fernglas mit weitem Gesichtsfeld, beispielsweise einem 7×50 Feldstecher, oder mit einem Richfield-Teleskop mit nur 15-facher Vergrößerung. Sie zählt zu den schönsten Zielen des nördlichen Himmels, die sich mit einem mittelgroßen Fernglas beobachten lassen. NGC 1502 befindet sich direkt am südöstlichen Ende dieser Kette, die den Namen „Kemble’s Cascade” trägt. Der Asterismus wurde nach dem kanadischen Franziskanermönch und Amateurastronomen Pater Lucien J. Kemble benannt. Dieser entdeckte die aus 15 bis 20 Sternen der 7. bis 10. Größenklasse bestehende Formation per Zufall mit seinem kleinen 7×35 Feldstecher, als er den Nachthimmel im Sternbild Camelopardalis absuchte. Sie erstreckt sich von Nordwesten nach Südosten über eine Strecke von mehr als 2 ½ Grad.

In der Mitte der Kette befindet sich der 5 mag helle Stern SAO 12969. Kemble schrieb einen Brief mitsamt einer Zeichnung an den Sky & Telescope-Kolumnisten und Amateurastronomen Walter Scott Houston. Er beschrieb die Formation darin als eine „wunderbare Kaskade von dunklen Sternen von Nordwest hinunter bis zu NGC 1502“. Der Autor der „Deep-Sky-Wonders” war von diesem Anblick so „erschüttert“ und begeistert, dass er diese Sternenkette im Dezember 1980 in S&T beschrieb und sie nach dem aus Saskatchewan stammenden Franziskanermönch benannte. Aufgrund ihres markanten Aussehens kann der Asterismus deshalb sehr gut als Aufsuchhilfe dienen, da sich NGC 1502 ohnehin in einem überaus sternarmen Gebiet am Himmel befindet. Insgesamt handelt es sich bei beiden Objekten um lohnende Beobachtungsobjekte in einem oft vernachlässigten Teil des Himmels.
Beobachtung
NGC 1502 sollte unter einem dunklen Landhimmel bereits mit dem bloßen Auge sichtbar sein. Denn der Sternhaufen ist in Wirklichkeit ungefähr eine Größenklasse heller, als in den gängigen Deep-Sky-Katalogen angegeben. Spätestens in einem kleinen Feldstecher mit 25 mm Objektivdurchmesser sollte er am südlichen Ende von „Kembles Kaskade” auffallen. Ein 10×50 Fernglas zeigt bereits einige Einzelsterne. Mit einem 3 bis 4‑Zöller und niedriger Vergrößerung ist ein kleiner, dichter Haufen blauer Sterne der Größenklassen 7 und 8 erkennbar. Bei höherer Vergrößerung erscheint eine pfeil- oder stimmgabelförmige Struktur, die in Ost-West-Richtung gestreckt ist. Sie enthält mehr als ein Dutzend Sterne unterschiedlicher Helligkeit. Sie konzentrieren sich zur Haufenmitte hin und sind in zahlreichen Paaren angeordnet.
Im Zentrum des Sternhaufens, der von zwei auffälligen, X‑förmigen Sternenketten gesäumt wird, befindet sich der hübsche Doppelstern Struve 458. Die beiden Hauptkomponenten erscheinen bei höherer Vergrößerung rötlich. Mit einer Öffnung von 6 bis 8‑Zoll erscheint der Sternhaufen ziemlich reich und kompakt. Durch das zentrale Gebiet verläuft ebenfalls eine auffällige, gebogene Sternenkette. Bei höherer Vergrößerung ist neben dem Doppelstern auch der Dreifachstern Struve 484 zu sehen. Dessen 10 mag helle Komponenten stehen 5, 23 und 49 Bogensekunden auseinander. Insgesamt sind bei mittlerer Vergrößerung von etwa 70-fach nun rund 30 bis 40 Sterne bis zur 12. Größenklasse in dem Haufen erkennbar.
Die stark nördliche Deklination des Sternhaufens begünstigt vor allem Beobachter auf der Nordhalbkugel der Erde. Am besten ist er im Spätherbst und in den Wintermonaten im südlichen Teil des Sternbilds Giraffe zu beobachten. Um NGC 1502 aufzusuchen, verbinden wir die Strecke zwischen Algol (Beta Per, 2,1 mag) und Mirphak (Alpha Per, 1,8 mag) in nördlicher Richtung. Dort treffen wir in einer Distanz von ca. 9° auf ein Paar Sterne der 4. Größenklasse. Der Sternhaufen befindet sich rund 5° nordöstlich dieses Sternenpaars und ist bereits im Sucherteleskop als solcher erkennbar. Alternativ können wir ihn finden, indem wir Beta Camelopardalis (4,0 mag) ausfindig machen und uns 7° nach Westen und ein Grad nach Norden bewegen.
Aufsuchkarte NGC 1502 (127,5 KiB, 48 hits)
Steckbrief für NGC 1502
Daten und Fakten für den offenen Sternhaufen NGC 1502 in der Giraffe (Camelopardalis)| Objektname | NGC 1502 |
| Katalogbezeichnung | Collinder 45, OCL 383 |
| Eigenname | Jolly Roger Cluster, Golden Harp Cluster |
| Typ | offener Sternhaufen, II 3 p |
| Sternbild | Giraffe (Camelopardalis) |
| Rektaszension (J2000.0) | 04h 07m 49,2s |
| Deklination (J2000.0) | +62° 19′ 54″ |
| V Helligkeit | 6,9 mag |
| Winkelausdehnung | 20,0′ |
| Anzahl der Sterne | 45 |
| Hellster Stern | 6,9 mag |
| Durchmesser | 6 Lichtjahre |
| Entfernung | 3.500 Lichtjahre |
| Beschreibung | Cl,pRi,cC,iF; H VII 47;Incl Struve 484 5′’sep PA 130 & Struve 485 18’‚ 6″ 11‘’mul* |
| Entdecker | Friedrich Wilhelm Herschel, 1787 |
| Sternatlanten | Cambridge Star Atlas: Chart 1, 2 & 3 Interstellarum Deep Sky Atlas: Chart 7 & 14 Millennium Star Atlas: Charts 43–44 (Vol I) Pocket Sky Atlas: Chart 11 Sky Atlas 2000: Chart 1 Uranometria 2nd Ed.: Chart 28 |












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