Webbs neueste Aufnahme auf den planetarischen Nebel NGC 6072 im nahen und mittleren Infrarot zeigt eine scheinbar sehr chaotische Szene, die an Farbspritzer erinnert. Das ungewöhnliche, asymmetrische Bild deutet jedoch auf kompliziertere Mechanismen hin, da sich der zentrale Stern der Szene dem letzten Stadium seines Lebens nähert und dabei Materiehüllen abstößt, wodurch er bis zu 80 Prozent seiner Masse verliert.
Seit ihrer Entdeckung Ende des 18. Jahrhunderts wissen Astronomen, dass Planetarische Nebel – die expandierende Hülle aus leuchtendem Gas, die von einem Stern geringer bis mittlerer Masse im Spätstadium seines Lebens ausgestoßen wird – in allen Formen und Größen auftreten können. Die meisten Planetarischen Nebel präsentieren sich kreisförmig, elliptisch oder bipolar, einige weichen jedoch von der Norm ab, wie neue hochauflösende Bilder des planetarischen Nebels NGC 6072 vom James-Webb-Weltraumteleskop der NASA/ESA/CSA zeigen.

In Webbs NIRCam-Aufnahme (Nahinfrarotkamera) ist deutlich zu erkennen, dass dieser Nebel multipolar ist. Das bedeutet, dass mehrere verschiedene elliptische Ausströmungen in beide Richtungen vom Zentrum austreten. Diese Ausströmungen komprimieren das Gas in Richtung Äquatorebene und bilden eine Scheibe. Astronomen sehen darin einen Hinweis darauf, dass sich im Zentrum dieser Szene wahrscheinlich mindestens zwei Sterne befinden. Genauer gesagt interagiert ein Begleitstern mit einem alternden Stern, der bereits begonnen hat, einige seiner äußeren Gas- und Staubschichten abzuwerfen.
Der zentrale Bereich des planetarischen Nebels leuchtet aufgrund des heißen Sternkerns, der im nahen Infrarotlicht als hellblauer Fleck zu sehen ist. Das dunkelorangefarbene Material, das aus Gas und Staub besteht, folgt Taschen oder offenen Bereichen, die dunkelblau erscheinen. Diese Klumpenbildung könnte entstanden sein, als sich dichte Moleküle bildeten, während sie vor der heißen Strahlung des Zentralsterns geschützt waren. Möglicherweise spielt auch ein zeitlicher Faktor eine Rolle. Über Jahrtausende hinweg könnten innere schnelle Winde durch den Halo pflügen, der vom Hauptstern abgestoßen wurde, als dieser begann, Masse zu verlieren.
Die längeren Wellenlängen, die Webbs MIRI (Mid-Infrared Instrument) erfasst, heben Staub hervor und enthüllen den Stern, von dem die Forscher vermuten, dass er im Zentrum dieser Szene stehen könnte. Er erscheint auf diesem Bild als kleiner rosa-weißer Punkt. Webbs Blick im mittleren Infrarotbereich zeigt auch konzentrische Ringe, die sich vom zentralen Bereich aus ausdehnen, wobei der deutlichste Ring knapp über den Rändern der Lappen verläuft.

Dies könnte ein weiterer Hinweis auf einen Sekundärstern im Zentrum der Szene sein, der unserem Blick verborgen bleibt. Der Sekundärstern könnte, während er wiederholt um den ursprünglichen Stern kreist, spiralförmige Materieringe aus dem Hauptstern geformt haben, als dieser in einem früheren Stadium seines Lebens Masse ausstieß. Die roten Bereiche in NIRCam und die blauen Bereiche in MIRI stellen beide kühles molekulares Gas dar (wahrscheinlich molekularer Wasserstoff), während die zentralen Bereiche heißes ionisiertes Gas darstellen.
Planetarische Nebel werden auch weiterhin ein Forschungsthema für Astronomen sein, die mit Webb mehr über den gesamten Lebenszyklus von Sternen und deren Auswirkungen auf ihre Umgebung erfahren möchten. Wenn der Stern im Zentrum eines Ülanetarischen Nebels abkühlt und verblasst, löst sich der Nebel allmählich im interstellaren Medium auf und trägt so zur Bildung neuer Sterne und Planetensysteme bei, die nun diese schwereren Elemente enthalten.
Webbs Aufnahmen von NGC 6072 eröffnen neue Möglichkeiten zur Erforschung, wie Planetarische Nebel mit komplexeren Formen zu diesem Prozess beitragen.
Hintergrundinformationen
Webb ist das größte und leistungsstärkste Teleskop, das jemals ins All geschickt wurde. Im Rahmen einer internationalen Kooperationsvereinbarung stellte die ESA den Startdienst für das Teleskop mit der Trägerrakete Ariane 5 bereit. In Zusammenarbeit mit Partnern war die ESA für die Entwicklung und Qualifizierung der Anpassungen der Ariane 5 für die Webb-Mission sowie für die Beschaffung des Startdienstes durch Arianespace verantwortlich. Die ESA stellte auch den Spektrografen NIRSpec und 50 % des Mittelinfrarot-Instruments MIRI zur Verfügung, das von einem Konsortium national finanzierter europäischer Institute (dem MIRI European Consortium) in Zusammenarbeit mit dem JPL und der University of Arizona entwickelt und gebaut wurde.
Webb ist eine internationale Partnerschaft zwischen der NASA, der ESA und der Canadian Space Agency (CSA).
Bildnachweis: NASA, ESA, CSA, STScI
Links
- Veröffentlichung auf der STScI-Website
- Veröffentlichung auf der ESA-Website
- Veröffentlichung auf der NASA-Website
Link zur Pressemitteilung der ESO
Hi 🙋♂️ Andreas, danke für deine Arbeit 👍 Hoffentlich legt der noch etwas zu. Gestern aus Chemnitz heraus war nur…