Objekte des Monats: Die Galaxie NGC 1275

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Die Gala­xie NGC 1275, im nörd­li­chen Stern­bild Per­seus, wur­de am 17. Okto­ber 1786 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel ent­deckt. Er notier­te: „ziem­lich hell, stel­la­re oder ziem­lich beacht­li­che Ster­ne mit klei­nem, sehr schwa­chen Hel­lig­keits­schlei­er“. In der sel­ben Nacht ent­deck­te er zwei wei­te­re Gala­xien, die heu­te als NGC 1293 und NGC 1294 bekannt sind. In Sir Patrick Cald­well-Moo­res Cald­well-Kata­log, der zahl­rei­che inter­es­san­te Deep-Sky-Objek­te jen­seits des Mes­sier-Kata­logs erfasst, wird die Gala­xie als Num­mer 24 gelistet.

Hauptgalaxie von Abell 426 mit supermassereichen Schwarzen Loch

NGC 1275 ist eine ellip­tisch erschei­nen­de Rie­sen­ga­la­xie vom Typ cD. Sie wird mit der Radio­quel­le Per­seus A in Ver­bin­dung gebracht. Die Gala­xie strahlt enor­me Ener­gie­men­gen aus, sodass sie auch in ande­ren Kata­lo­gen als Rönt­gen­quel­le Per­seus X bzw. im 3. Cam­bridge-Kata­log der Radio­quel­len als 3C 84 auf­ge­führt wird. In der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit wur­de die Gala­xie sehr häu­fig von Astro­no­men beob­ach­tet. Denn in NGC 1275 mani­fes­tie­ren sich eine Viel­zahl astro­phy­si­ka­li­scher Phä­no­me­ne. Unter ande­rem wur­de sie als so genann­te Coo­ling-Flow-Gala­xie, als unge­wöhn­li­che Sey­fert-1-Gala­xie, BL-Lac-Objekt sowie als LINER-Gala­xie klas­si­fi­ziert. Gleich­zei­tig ist NGC 1275 die zen­tra­le und hells­te Gala­xie des 240 Mil­lio­nen Licht­jah­re ent­fern­ten Per­seus-Gala­xien­hau­fens (Abell 426). Die­ser Name stammt von dem ame­ri­ka­ni­schen Astro­no­men Geor­ge Abell, der im Jahr 1958 2.712 Gala­xien­hau­fen iden­ti­fi­zier­te und kata­lo­gi­sier­te. Als das Licht NGC 1275 in der spä­ten Tri­as­zeit der Erde ver­ließ, waren die Dino­sau­ri­er gera­de auf dem Vor­marsch. Der 3 Mil­lio­nen Licht­jah­re gro­ße Per­seus-Gala­xien­hau­fen ist Teil einer deut­lich grö­ße­ren Struk­tur, der als Per­seus-Pis­ces-Super­hau­fen bekannt ist. Die­ser über­spannt rund 15° am Him­mel und ent­hält rund 500 bis 1.000 Gala­xien, mit einer Gesamt­mas­se von 2x10^15 Son­nen­mas­sen. Mit einem schein­ba­ren Durch­mes­ser von 2,2 x 1,7 Bogen­mi­nu­ten und einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 11,7 mag ist NGC 1275 aber nur in mit­tel­gro­ßen Tele­sko­pen auf­find­bar. Ihr abso­lu­ter Durch­mes­ser beträgt 157.000 x 116.000 Licht­jah­re. Damit ist sie deut­lich grö­ßer als unser eige­nes Milchstraßensystem.

NGC 1275 & Abell 426
Der Per­seus-Gala­xien­hau­fen (Abell 426) mit NGC 1275 im Zen­trum – Auf­nah­me von Franz Klau­ser & Man­fred Washu­ber, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

NGC 1275 ent­hält sehr viel mole­ku­la­ren Was­ser­stoff, des­sen Mas­se auf rund 13 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen geschätzt wird. Die­ses Gas scheint vom Gala­xien­hau­fen auf die im Zen­trum lie­gen­de Gala­xie zu strö­men. Das küh­le Gas füt­tert das akti­ve super­mas­se­rei­che Schwar­ze Loch im Zen­trum von NGC 1275 und ist auch für die mas­si­ve Ster­nen­ent­ste­hung in der Gala­xie ver­ant­wort­lich. Das Schwar­ze Loch besitzt eine Mas­se von rund 2 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen. Unter­su­chun­gen mit dem Chandra-Rönt­gen­te­le­skop zei­gen, dass aus dem Zen­trum der Gala­xie eine meh­re­re Mil­lio­nen Grad hei­ßes Plas­ma in einer Art Bla­se hin­aus­strömt. Die­se wird durch die 800 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen schwe­re Akkre­ti­ons­schei­be des Schwar­zen Lochs auf fast Licht­ge­schwin­dig­keit beschleu­nigt. Dadurch emit­tiert das Gas Rönt­gen­strah­lung. Die Rönt­gen­emis­si­on in der Gala­xie ist so groß, dass ein Fünf­tel der Rönt­gen­strah­lung des gesam­ten Gala­xien­hau­fens durch NGC 1275 direkt ver­ur­sacht wird. Seit 2008 konn­te man von der Erde aus die Ent­ste­hung eines zylin­dri­schen Jets um das Schwar­ze Loch nach­wei­sen. Sein Ursprung wur­de im äuße­ren Bereich der Akkre­ti­ons­schei­be um das Schwar­ze Loch lokalisiert.

Per­seus A in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA Hub­ble, CC BY 2.0, via Wiki­me­dia Commons

Fer­ner bele­gen Unter­su­chun­gen, dass NGC 1275 in Wahr­heit aus zwei Gala­xien besteht. Dass der Zen­tral­ga­la­xie vor­ge­la­ger­te soge­nann­te „Hoch­ge­schwin­dig­keit­sys­tem“ (HVS) bewegt sich mit 3.000 km/s in Rich­tung der grö­ße­ren Gala­xie und wird in Zukunft wahr­schein­lich mit die­ser ver­schmel­zen. Sie befin­det sich aber noch gut 200.000 Licht­jah­re von der Zen­tral­ga­la­xie ent­fernt und wird durch Gezei­ten­wech­sel­wir­kung gestört. Die Bewe­gung kom­pri­miert das vor­ge­la­ger­te inter­ga­lak­ti­sche Medi­um des Per­seus-Gala­xien­hau­fens, so dass durch den Stau­druck zahl­rei­che neue Ster­ne in die­sem Gebiet ent­ste­hen. Auf lang belich­te­ten Auf­nah­men zei­gen sich die HII-Regio­nen u.a. als fila­ment­ar­ti­ge Struk­tu­ren. Die Fila­men­te aus Gas besit­zen eine typi­sche Brei­te von 200 Licht­jah­ren und eine Län­ge von 20.000 Licht­jah­ren. Die Fila­men­te ent­ste­hen, wenn kal­tes Gas aus dem Kern der Gala­xie im Gefol­ge der auf­stei­gen­den Bla­sen, die vom Schwar­zen Loch erzeugt wer­den, her­aus­ge­zo­gen wird. Die­se wer­den durch das star­ke Magnet­feld der Gala­xie in ihrer Struk­tur gehal­ten. Die Mas­se der Fila­men­te wird auf eine hal­be bis eine Mil­li­on Son­nen­mas­sen geschätzt. Im Infra­ro­ten beob­ach­tet man fer­ner Emis­si­ons­li­ni­en von war­men mole­ku­la­rem Koh­len­mon­oxid­gas. Eini­ge der neu­en Ster­ne kon­zen­trie­ren sich in stern­rei­chen und mas­se­rei­chen blau­en Kugel­hau­fen, die nur weni­ge Mil­lio­nen Jah­re alt sind.

Perseus
Das Stern­bild Perseus

Trotz der hohen Stern­ent­ste­hungs­ra­te wur­de in den letz­ten Jahr­zehn­ten nur zwei Super­no­vae in NGC 1275 nach­ge­wie­sen. Die Super­no­va SN 1968A erreich­te die 15. Grö­ßen­klas­se und war vom Typ I. Die Super­no­va SN 2005mz erreich­te eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 15,8 mag und war vom Typ Ia. Für den nörd­li­chen Beob­ach­ter stellt Abell 426, mit sei­ner Haupt­ga­la­xie NGC 1275, das am stärks­ten kon­zen­trier­te Gala­xien­feld am Win­ter­him­mel dar. Die schwä­che­ren Hau­fen­mit­glie­der und Beglei­ter von Per­seus A, NGC 1270, NGC 1272, NGC 1273, NGC 1277, NGC 1278 und NGC 1281, sind in einem Feld von 1° Durch­mes­ser unter per­fek­ten Bedin­gun­gen bereits mit mit­tel­gro­ßen Fern­roh­ren visu­ell nachweisbar.

Beobachtung

NGC 1275 erscheint im 4‑Zoll Refrak­tor unter einem dunk­len Land­him­mel als sehr schwa­cher fast kreis­run­der klei­ner Licht­fleck. Die­ser Ein­druck ändert sich auch mit einem 6 bis 8‑Zoll gro­ßen Reflek­tor nicht. Bei höhe­rer Ver­grö­ße­rung erscheint die knapp 30 Bogen­mi­nu­ten brei­te Zen­tral­re­gi­on etwas hel­ler als die Umge­bung, mit einem stern­ar­ti­gen Zen­trum. Ent­fernt erin­nert die Gala­xie an einen schwä­che­ren Kome­ten. Mit 10 bis 12-Zoll Öff­nung erscheint NGC 1275 wie ein unschar­fer Stern von 40 bis 60 Bogen­se­kun­den Aus­deh­nung. Das Zen­trum der Gala­xie scheint etwas von der Mit­te her ver­setzt zu sein. Der Halo sieht unter Ver­wen­dung höhe­rer Ver­grö­ße­run­gen leicht kör­nig aus. Rund 50 Bogen­se­kun­den nord­öst­lich des Zen­trums erkennt man einen Stern der 13. Grö­ßen­klas­se. Für die Beob­ach­tung der Begleit­ga­la­xien von NGC 1275 ver­wen­det man am bes­ten ein Tele­skop mit einer Öff­nung ab 16-Zoll.

Aufsuchkarte NGC 1275
Auf­such­kar­te für NGC 1275 – erstellt mit SkytechX

Die Gala­xie ist am bes­ten in den Herbst- und Win­ter­mo­na­ten beob­acht­bar, wenn das Stern­bild Per­seus in Mit­tel­eu­ro­pa hoch am Him­mel kul­mi­niert. Um NGC 1275 auf­zu­su­chen, stel­len wir den ver­än­der­li­chen Haupt­stern Algol (Alpha Per, 2,1 mag) in die Sucher­mit­te ein. Rund 2 1/4 Grad ost­süd­öst­lich die­ses Sterns befin­det sich das Zen­trum des Per­seus Gala­xien­hau­fens, mit NGC 1275.

Auf­such­kar­te Per­seus A (NGC 1275) (150,8 KiB, 219 hits)

Steckbrief für NGC 1275

Objekt­na­meNGC 1275
Kata­log­be­zeich­nungUGC 2669, PGC 12429, MCG 7–7‑63, 3C 84 
Eigen­na­mePer­seus A
TypGala­xie, cD
Stern­bildPer­seus (Per­seus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)03h 19m 48,1s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+41° 30′ 41″
V Hel­lig­keit11,7 mag
Flä­chen­hel­lig­keit13,1 mag
Win­kel­aus­deh­nung2,3′ x 1,6′
Posi­ti­ons­win­kel110°
Abso­lu­te Helligkeit-22,958
Durch­mes­ser157.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung240 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungF,S; Seyfert;brtst in Per­sus Cl;center obj in den­se gal­xy cluster
Ent­de­ckerFried­rich Wil­helm Her­schel, 1786
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 2 & 3 
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 26 & D20
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 97–98 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 13
Sky Atlas 2000: Chart 4
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 43

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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