Objekte des Monats: Die Nadelöhrgalaxie NGC 247 im Walfisch

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Die Spi­ral­ga­la­xie NGC 247, im süd­li­chen Stern­bild Wal­fisch (Cetus), wur­de am 20. Okto­ber 1784 von dem deutsch-bri­ti­schen Astro­no­men Fried­rich Wil­helm Her­schel mit Hil­fe sei­nes 18,7 Zoll Spie­gel­te­le­skops ent­deckt. Er beschrieb sie als als 3 bis 4 Bogen­mi­nu­ten brei­ten und ziem­lich hel­len Licht­strei­fen. Der däni­sche Astro­nom John L. E. Drey­er füg­te die Gala­xie in sei­nem im Jahr 1888 erschie­ne­nen „New Gene­ral Cata­lo­gue“ hin­zu. Des Wei­te­ren ist die Gala­xie auch als Cald­well 62 in Sir Patrick Moo­res Cald­well-Kata­log, der inter­es­san­te Deep-Sky-Objek­te jen­seits des Mes­sier-Kata­logs emt­hälz, gelis­tet. Weni­ger bei Ama­teur­as­tro­no­men bekannt sind die Eigen­na­men für NGC 247: „Nadel­öhr­gala­xie“ (Needle’s Eye Gala­xy) bzw. „Kral­len­ga­la­xie“. NGC 247 liegt nur 6 ½ Grad vom Galak­ti­schen Süd­pol ent­fernt, so dass ihr Licht kaum durch den inter­stel­la­ren Staub in unse­rer Milch­stra­ße getrübt wird.

Ein Mitglied der Sculptor-Galaxiengruppe

NGC 247 gilt auf­grund ihres äuße­ren Erschei­nungs­bil­des als Bin­de­glied zwi­schen einer irre­gu­lä­ren und einer Bal­ken-Spi­ral­ga­la­xie vom Hub­ble-Typ SBcd, mit aus­ge­dehn­ten Stern­ent­ste­hungs­ge­bie­ten. Die Gala­xie ist Mit­glied der Sculp­tor-Gala­xien­grup­pe und gilt als eine der beein­dru­ckends­ten Gala­xien des Süd­him­mels. Die Sculp­tor-Grup­pe, zu der auch die Sculp­tor-Gala­xie (NGC 253) gehört, ist ein klei­ner Gala­xien­hau­fen ähn­lich unse­rer eige­nen Loka­len Grup­pe und die der Milch­stra­ße am nächs­ten gele­ge­ne Gala­xien­grup­pe. NGC 247 besitzt eine schein­ba­re Hel­lig­keit von 8,9 mag und eine Aus­deh­nung von 19,9 x 5,5 Bogen­mi­nu­ten, was auf die Ent­fer­nung von 11,1 Mil­lio­nen Licht­jah­ren gerech­net einem wah­ren Durch­mes­ser von unge­fähr 70.000 Licht­jah­ren ent­spricht. Damit besitzt sie unge­fähr die Hälf­te der Grö­ße unse­res eige­nen Milch­stra­ßen­sys­tems, wenn man von der Grö­ße unse­rer Gala­xis von ca. 120.000 bis 150.000 Licht­jah­ren aus­geht. Mit einer Mas­se von rund 18 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen ist die Gala­xie auch deut­lich leich­ter als unse­re Milch­stra­ße. NGC 247 ist eine von meh­re­ren Gala­xien, die gra­vi­ta­tiv an die deut­lich grö­ße­re Sculp­tor-Gala­xie gebun­den ist. Der Abstand zwi­schen NGC 247 und NGC 253 beträgt nur 900.000 Licht­jah­re. Die Schei­be der Gala­xie ist 74° zu unse­rer Sicht­li­nie geneigt und zeigt unde­fi­nier­te Spi­ral­ar­me. Bemer­kens­wert ist, dass zwar ein hel­ler kom­pak­ter Kern, mit einem kur­zen Bal­ken im Zen­trum der Schei­be, exis­tiert, eine aus­ge­präg­te Bul­ge aller­dings zu feh­len scheint.

NGC 247
NGC 247 im Stern­bild Wal­fisch – Auf­nah­me von Rudolf Dobes­ber­ger, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Frü­her wur­de die Ent­fer­nung zu NGC 247, auf­grund der star­ken Nei­gung der Schei­be, als zu groß ein­ge­schätzt. Denn der inter­stel­la­re Staub in der Schei­be von NGC 247, der bis ins Kern­ge­biet der Gala­xie zu fin­den ist, schwäch die Hel­lig­keit der Cep­hei­den in der Gala­xie deut­lich ab. Die­se leucht­star­ken ver­än­der­li­chen Ster­ne die­nen zur Ent­fer­nungs­be­stim­mung im loka­len Uni­ver­sum mit­hil­fe der soge­nann­ten Peri­oden-Leucht­kraft-Bezie­hung. Nach neus­ten Unter­su­chun­gen liegt die Gala­xie somit rund eine Mil­lio­nen Licht­jah­re näher an der Erde als ursprüng­lich gedacht. NGC 247 besitzt eine unge­wöhn­lich gro­ße Lee­re von 3,4 Kilo­par­sec Aus­deh­nung auf einer Sei­te ihrer Gala­xien­schei­be. Unter­su­chun­gen bele­gen, dass die­se Lee­re deut­lich mehr röt­li­che und damit älte­re Ster­ne ent­hält als bläu­li­che. Dort wer­den kaum oder gar kei­ne neu­en Ster­ne mehr gebildet.

Das Zen­trum der Spi­ral­ga­la­xie NGC 247 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Die Schei­be der Gala­xie ent­hält vie­le rosa leuch­ten­de Was­ser­stoff­wol­ken und jun­ge mas­se­rei­che Stern­hau­fen am Schei­ben­rand. Die­se mar­kie­ren Regio­nen mit akti­ver Stern­ent­ste­hung in den locke­ren und zer­klüf­te­ten Spi­ral­ar­men. Der inne­re Bereich der Schei­be wird durch jun­ge, hel­le Ster­ne domi­niert, die ver­mut­lich vor 100 Mil­lio­nen Jah­ren ent­stan­den sind. Wei­te­re jun­ge Ster­ne, die ein Alter von nur 40 Mil­lio­nen Jah­ren auf­wei­sen, gibt es am Schei­ben­rand. Dort exis­tie­ren kom­pak­te Was­ser­stoff­wol­ken. Die loka­le Ver­dich­tung an Was­ser­stoff­gas in die­sen Gebie­ten könn­te auf­grund einer Wech­sel­wir­kung mit der Sculp­tor-Gala­xie her­rüh­ren. Die Stern­ent­ste­hungs­ra­te von NGC 247 ist im Ver­gleich mit unse­rer Gala­xis deut­lich gerin­ger. Sie beträgt rund eine Son­nen­mas­se alle 10 Jah­re. In der Milch­stra­ße ent­ste­hen etwa 70 Son­nen­mas­sen in zehn Jahren. 

NGC 247
Die Nadel­öhr­gala­xie (NGC 247) in einer Auf­nah­me des Wide Field Imager (WFI) der ESO am La Sil­la Obser­va­to­ri­um in Chi­le – Cre­dit: ESO, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Auf lang belich­te­ten Auf­nah­men ist 5 Bogen­mi­nu­ten nord­öst­lich der Gala­xie eine Grup­pe von vier wech­sel­wir­ken­den und flä­chen­schwa­chen Gala­xien zu sehen. Sie besit­zen Hel­lig­keit von 14 bis 16 mag und sind in Nord-Süd-Rich­tung auf einem nur 10 Bogen­mi­nu­ten gro­ßen Are­al elon­giert. Die­se ste­hen mit einer Ent­fer­nung von 280 Mil­lio­nen Licht­jah­ren aller­dings weit im Hin­ter­grund. Sie sind eine Her­aus­for­de­rung für gro­ße Tele­sko­pen ab 18 bis 20 Zoll Öff­nung. Die Gala­xien­grup­pe trägt den Eigen­na­men „Bur­bidge Chain“.

Beobachtung

NGC 247 besitzt auf­grund ihrer Aus­deh­nung nur eine sehr gerin­ge Flä­chen­hel­lig­keit. Sie ist bereits in klei­ne­ren bis mitt­le­ren Tele­sko­pen auf­find­bar, aller­dings recht anspruchs­voll. Auf­grund ihrer süd­li­chen Lage ver­langt das Objekt einen dunk­len Land­him­mel sowie von Mit­tel­eu­ro­pa aus auch eine gute Hori­zont­sicht. Dann ist sie bereits in einem 7x50 Feld­ste­cher als dün­ner Schlei­er zu erken­nen. In einem 3 bis 4‑Zoll Refrak­tor erkennt man nur einen ova­len Schim­mer ohne wei­te­re Details. Auch mit grö­ße­rer Öff­nung ändert sich das Bild der Gala­xie kaum. Mit 6 bis 8‑Zoll Öff­nung erscheint das Kern­ge­biet auf­fäl­li­ger, hel­ler und etwas asym­me­trisch. Der Gala­xien­kör­per sel­ber ist 4:1 in Nord-Süd-Rich­tung elon­giert. Auf­fäl­lig ist ein 9,5 mag hel­ler Stern, der direkt an der Süd­spit­ze der Gala­xien­schei­be angrenzt und nicht mit einer Super­no­va ver­wech­selt wer­den soll­te. Die Enden der Gala­xie sind eher schwer zu erfas­sen. Mit 10 bis 12-Zoll Öff­nung wer­den ers­te Details in der Gala­xien­schei­be wahr­nehm­bar, wobei eine gerin­ge Ver­grö­ße­rung und ein süd­li­cher Stand­ort, zum Bei­spiel in Nami­bia, von Vor­teil ist. Hier fällt vor allem die Lücke im dif­fu­ser erschei­nen­den Nord­teil der Schei­be auf. Der süd­li­che Teil der Schei­be erscheint auf­fäl­li­ger. Mit noch grö­ße­ren Öff­nun­gen erscheint NGC 247 eben­falls nur als geis­ter­haf­te lang gezo­ge­ne Auf­hel­lung die, außer einer Kon­den­sa­ti­on zur Mit­te hin, kaum Details zeigt. Mit hohen Ver­grö­ße­run­gen sieht das Kern­ge­biet von NGC 247 gemot­telt aus. Der nörd­li­che Rand der Gala­xie ist rund­lich, der süd­li­che erscheint deut­lich hel­ler, vor allem süd­lich des Zen­trums. Nur 4 ½ Grad süd­lich von NGC 247 steht auch die Sculp­tor-Gala­xie NGC 253, die auf­grund ihrer gro­ßen Hel­lig­keit von 7,3 Grö­ßen­klas­sen deut­lich bes­ser zu erken­nen ist.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für NGC 247 & NGC 253 – erstellt mit SkytechX

Die Gala­xie kann vor allem in den Herbst­mo­na­ten beob­ach­tet wer­den, wenn das Stern­bild Wal­fisch im Süden kul­mi­niert. Auf­grund der Dekli­na­ti­on von ‑21° pro­fi­tiert sie von süd­li­chen Stand­or­ten. Um NGC 247 auf­zu­fin­den, gehen wir von dem hells­ten Stern im Wal­fisch Deneb Kai­tos bzw. Beta Ceti aus, der den Schwanz des See­unge­heu­ers mar­kiert. Wir stel­len den 2,0 mag hel­len Stern in die Sucher­mit­te ein und schwen­ken das Tele­skop senk­recht in Rich­tung Süden. Nur 5° von die­sem Stern ent­fernt steht ein auf­fäl­li­ges Drei­eck aus Ster­nen der 5. bis 6. Grö­ßen­klas­se, mit einer in Rich­tung Nor­den wei­sen­den Spit­ze. Nur 1,5 Grad von der Spit­ze die­ses Drei­ecks ent­fernt befin­det sich NGC 247.

Auf­such­kar­te Nadel­öhr­gala­xie (NGC 247) (60,1 KiB, 231 hits)

Steckbrief für NGC 247

Objekt­na­meNGC 247
Kata­log­be­zeich­nungPGC 2758, ESO 540–22, MCG ‑4–3‑5, UGCA 11
Eigen­na­meNadel­öhr­gala­xie, Needle’s Eye Gala­xy, Krallengalaxie
TypGala­xie, SBcd
Stern­bildWal­fisch (Cetus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)00h 47m 08,3s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)-20° 45′ 36″
V Hel­lig­keit8,9 mag
Flä­chen­hel­lig­keit14,4 mag
Win­kel­aus­deh­nung19,2′ x 5,5′
Posi­ti­ons­win­kel172°
Abso­lu­te Helligkeit-18,871 mag
Durch­mes­ser70.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung11,1 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungH V 20; F,eL,vmE 172 degrees
Ent­de­ckerFried­rich Wil­helm Her­schel, 1784
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 8 & 14 
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 75 & 87
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 339–340 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 7
Sky Atlas 2000: Chart 18
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 158

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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