Ich mag die lauen Sommernächte, besonders wenn man draußen in T‑Shirt und kurzen Hosen beobachten kann. In den aufgeheizten Buden ist es nämlich nicht mehr zum Aushalten. Es gibt keine Probleme mit Tau und der Körper kann sich bei deutlich angenehmeren Temperaturen akklimatisieren. Nur die Mücken hier im Spreewald stören zum Teil. Aber dafür gibt es ja spezielle Mittel. Deshalb bin ich dankbar, dass ich nach dem Sieg der Spanier gegen die Holländer kurz nach 23 Uhr pünktlich von zu Hause aus losfahren und der überhitzten Wohnung entfliehen kann. Endlich raus zum Beobachten und mich bei angenehmen Temperaturen unter einem prachtvollen Sternhimmel stellen. Einfach herrlich. Leider ist der Himmel nicht mehr ganz so brillant wie noch vor zwei Tagen bei der Jagd nach den Leuchtenden Nachtwolken, aber trotzdem noch ganz akzeptabel. Die Milchstraße spannt sich quer über den Himmel bis zum Südhorizont herab. Glücklicherweise macht auch der Landwirt keine Schwierigkeiten, denn weit und breit ist kein Flutlicht einer Erntemaschine zu sehen. Diesbezüglich hatte ich ja schon mal Pech und konnte wieder einpacken.
Diesmal habe ich vor, einige Objekte aufzusuchen, die ich vorher noch nicht beobachtet habe. Dazu gehören auch einige Messier-Objekte in den Sternbildern Schütze und Skorpion. Für das Sternbild Skorpion ist es allerdings schon zu spät, da es sich erfolgreich hinter Sträuchern verstecken kann. Auch ein ‑6,9 mag heller Irdium-Flare steht noch auf meiner Liste. Deshalb stellte ich zuerst die Kamera bereit, um für Iridium 57 gewappnet zu sein. Um das Warten zu verkürzen, überprüfe ich die Kollimation meines 8 Zoll Dobsons. Nur hier und da sind noch kleine Korrekturen nötig. Bis zum Auftauchen des Flares, knapp 11 Minuten nach Mitternacht, beobachtete ich noch schnell Messier 13 im Herkules. Der sternreiche und helle Kugelsternhaufen ist im 9 mm Weitwinkelokular wie immer ein herrlicher Anblick. Auch die Nachbargalaxie NGC 6207 ist leicht sichtbar. Dann kurz nach Mitternacht erscheint der Flare auch zum berechneten Zeitpunkt nördlich vom Kopf der Schlange und südöstlich der Nördlichen Krone. Ich drücke auf den Auslöser und belichtet 30 Sekunden lang und bin froh, den Flare zum richtigen Zeitpunkt erwischt zu haben. Mittlerweile bemerke ich auch das Wetterleuchten in Richtung Westen. Im Elbe-Elster-Kreis herrscht zu diesem Zeitpunkt wohl ein kräftiges Unwetter. Und ich stehe hier mit meinem Dobson unter dem Sternenhimmel. Wirklich faszinierend und zum Teil unheimlich, immer wieder die Wolkentürme am Horizont hell aufblitzen zu sehen. Das Gewitter wird mich in dieser Nacht wohl nicht stören.
Ich wende mich wieder dem Nachthimmel zu und starte mit dem hellen Kugelsternhaufen Messier 22 im Schützen. Ich staune nicht schlecht, da bei dieser geringen Horizonthöhe der Kugelsternhaufen bis ins Zentrum aufgelöst und leicht oval erscheint. Was für ein fantastischer Anblick würde sich ergeben, wenn M 22 höher stünde. Mit 6,2 mag Helligkeit ist das Objekt aber schon im Sucher als ovaler Lichtfleck sichtbar. Westlich des Haufens erkennt man in meinem Übersichtsokular auch eine interessante Sterngruppe von gleich hellen Sternen.
Weiter gehts per Starhopping zum Kugelsternhaufen Messier 28. M 28 ist deutlich kleiner, schwächer und runder als M 22. Das Zentrum bleibt auch bei hoher Vergrößerung nicht aufgelöst. Nur im Randgebiet erscheinen einige Sterne. Auch dieser Kugelsternhaufen erscheint im Sucher, allerdings als deutlich schwächerer Nebelfleck.
Nun schwenke ich zu Messier 54. Mein Dobson zeigt hier fast parallel zum Horizont, was auch kein Wunder ist, da der Kugelsternhaufen im südlichen Bereich des Schützen gerade einmal 7 Grad Höhe erreicht. Das Objekt ist noch deutlich kleiner als M 22. Auch bei 100facher Vergrößerung bleibt der Haufen diffus und nicht aufgelöst. Nur sein Zentrum erscheint etwas heller.
Weiter gehts zu Messier 9, diesmal im Schlangenträger, der etwas oberhalb der Sträucher steht. Dieser Kugelhaufen ist ebenfalls im Sucher sichtbar. Mit 133facher Vergrößerung lässt sich aber nur der Randbereich in einzelne Sterne auflösen. Das helle Zentrum bleibt unaufgelöst und leicht sternförmig.
Messier 23 im Schützen präsentiert sich in meinem Übersichtsokular als wirklich hübsches Exemplar eines offenen und relativ großen Sternhaufens. Viele gleich helle Sterne ordnen sich in Ketten und in der Form eines Dreiecks an. Im östlichen Teil ist ein rötlich leuchtender Stern sichtbar, der wohl noch zum Haufen gehört. Im Sucher erscheint M 23 als großer, leicht länglicher und deutlich sichtbarer Nebelfleck.
Mittlerweile intensiviert sich das Wetterleuchten. Auch die Mücken werden wieder bissiger. Ich verlasse die südlichen Regionen der Milchstraße und schwenke in Richtung Nordwesten zum Sternbild Drache. Nun verlasse ich die Umgebung der Milchstraße und stoße ins Reich der Galaxien vor.
Auf dem Weg zu Messier 102 stoße ich auf NGC 5879 im Drachen. Die schwache und längliche Galaxie ist in meinem 32 mm Übersichtsokular und im 9 mm Weitwinkel schon direkt sichtbar und steht östlich eines 7 mag hellen Sterns. Danach schwenke ich auf die nadelfeine aber überraschend auffällige Galaxie NGC 5907. Die Galaxie hat eine Elongation von 1:10 und erscheint mit knapp 12 Bogenminuten Länge wie eine feine Nadel. Bei 130facher Vergrößerung ist ihr Zentrum deutlich heller als der restliche Galaxienkörper und ebenfalls leicht länglich.
Nun nehme ich das schwache Galaxienpaar NGC 5905 und NGC 5908 in Augenschein. Mit dem Übersichtsokular sind die beiden Galaxien durch den helleren Himmelhintergrund nicht sichtbar. Mit dem 9 mm Weitwinkel muss ich schon eine ganze Weile suchen, um die beiden Galaxien indirekt als ovale und äußerst schwache Lichtflecken der 12. Größenklasse wahrzunehmen. Bei NGC 5905 ist die Sichtung allerdings schon etwas fraglich.
Schließlich stoße ich auf die Spindelgalaxie Messier 102 im Drachen. Die helle Galaxie erscheint von der Seite innerhalb eines Dreiecks von Sternen 8., 9., und 10. Größenklasse eingebettet. Bei hoher Vergrößerung erscheint der Galaxienkörper in der Mitte leicht dunkler. Macht sich hier schon das charakteristische Staubband bemerkbar, was man auf länger belichteten Fotos erkennen kann?
Nach diesem kurzen Abstecher zum Drachen schwenke ich hinüber zum Kopf der Schlange. Bevor die einsetzende Morgendämmerung mir einen Strich durch die Rechnung macht, möchte ich noch zwei weitere Galaxien mitnehmen.
NGC 5970 in der Schlange ist eine schwache rundliche und eher diffuse Galaxie, die nur bei indirektem Sehen als solche zu erkennen ist. Sie befindet sich direkt auf der Verbindungslinie zwischen Delta und Beta Serpentis auf rund 1/3 dieser Strecke. Knapp 5 Grad nordwestlich von Beta Ser nehme ich noch NGC 5962 aufs Korn. Auch diese Galaxie ist schwach und diffus, allerdings auch deutlich größer und ovaler als NGC 5970.
Nun reise ich zurück ins Sonnensystem und schubse den Dobson in Richtung Osten auf den Riesenplaneten Jupiter zu. Seit Beginn der Beobachtung hat sich das Seeing etwas verschlechtert, da ich kaum Einzelheiten auf der Jupiterscheibe wahrnehmen kann. Auffällig ist aber das fehlende südliche Äquatorband, was dem Jupiter ein recht ungewöhnliches Aussehen verleiht.
Weil langsam aber sich die Morgendämmerung voranschreitet, widme ich mich noch einigen Standardobjekten des Sommerhimmels. Vorher versuche ich noch den Kometen C/2009 K5 McNaught im Sternbild Giraffe aufzusuchen, was mir aber leider nicht mehr gelingt. Die beiden Planetarischen Nebel Messier 57 in der Leier und Messier 27 im Füchschen, sowie der Kugelsternhaufen Messier 92 im Herkules dürfen natürlich auf keiner Tour fehlen und sind auch in der Dämmerung dankbare Objekte.
Nach dem Verstauen der Ausrüstung und bevor es wieder heimwärts geht, werfe ich noch schnell einen letzten Blick auf die immer schwächer werdende Milchstraße.