Webb blickt auf die größte Sternentstehungsregion der Milchstraße

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Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop der NASA/ESA/CSA hat eine bun­te Ansamm­lung mas­se­rei­cher Ster­ne und leuch­ten­den kos­mi­schen Staubs in der Mole­kül­wol­ke Sagit­ta­ri­us B2 (Sgr B2) ent­hüllt, der mas­se­reichs­ten und aktivs­ten Stern­ent­ste­hungs­re­gi­on in unse­rer Milchstraße.

Sagit­ta­ri­us B2 ist die mas­se­reichs­te und aktivs­te Stern­ent­ste­hungs­re­gi­on unse­rer Milch­stra­ße. Sie pro­du­ziert die Hälf­te aller Ster­ne im Zen­trum unse­rer Gala­xie, obwohl sie nur 10 Pro­zent des gesam­ten Stern­ent­ste­hungs­ma­te­ri­als ent­hält. Nun hat Webb mit­hil­fe sei­ner Nahin­fra­rot- und Mit­tel­in­fra­rot-Instru­men­te atem­be­rau­ben­de neue Ansich­ten die­ser Regi­on ver­öf­fent­licht und sowohl die far­ben­präch­ti­gen Ster­ne als auch die gas­för­mi­gen Stern­ent­ste­hungs­ge­bie­te in bei­spiel­lo­ser Detail­ge­nau­ig­keit erfasst. 

Sagittarius B2 NIRCAM
Ster­ne, Gas und kos­mi­scher Staub in der Mole­kül­wol­ke Sagit­ta­ri­us B2 leuch­ten im nahen Infra­rot­licht, auf­ge­nom­men von Webbs NIR­Cam (Nahin­fra­rot­ka­me­ra). – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Gins­burg (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da), N. Budaiev (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da), T. Yoo (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da). Image pro­ces­sing: A. Pagan (STScI)

Sagit­ta­ri­us B2 befin­det sich nur weni­ge hun­dert Licht­jah­re vom super­mas­si­ven Schwar­zen Loch im Zen­trum der Gala­xis ent­fernt, das Sagit­ta­ri­us A* genannt wird, einer Regi­on, die dicht mit Ster­nen, Stern­ent­ste­hungs­wol­ken und kom­ple­xen Magnet­fel­dern gefüllt ist. Das von Webb detek­tier­te Infra­rot­licht kann eini­ge der dich­ten Wol­ken der Regi­on durch­drin­gen und jun­ge Ster­ne und den sie umge­ben­den war­men Staub sicht­bar machen. Astro­no­men gehen davon aus, dass die Ana­ly­se der Daten von Webb dazu bei­tra­gen wird, lang­jäh­ri­ge Rät­sel des Stern­ent­ste­hungs­pro­zes­ses zu lösen und zu erklä­ren, war­um Sagit­ta­ri­us B2 so viel mehr Ster­ne bil­det als der Rest des galak­ti­schen Zentrums.

Einer der bemer­kens­wer­tes­ten Aspek­te von Webbs Bil­dern von Sagit­ta­ri­us B2 sind jedoch die dunk­len Berei­che. Die­se iro­ni­scher­wei­se leer wir­ken­den Berei­che des Welt­raums sind tat­säch­lich so dicht mit Gas und Staub gefüllt, dass selbst Webb nicht durch sie hin­durch­se­hen kann. Die­se dich­ten Wol­ken sind der Roh­stoff zukünf­ti­ger Ster­ne und ein Kokon für jene, die noch zu jung sind, um zu leuchten.

Die hohe Auf­lö­sung und die Emp­find­lich­keit im mitt­le­ren Infra­rot­be­reich von Webbs MIRI (Mid-Infrared Instru­ment) haben die­se Regi­on in bei­spiel­lo­ser Detail­ge­nau­ig­keit sicht­bar gemacht, ein­schließ­lich des leuch­ten­den kos­mi­schen Staubs, der von sehr jun­gen mas­se­rei­chen Ster­nen erhitzt wird. Der rötes­te Bereich, bekannt als Sagit­ta­ri­us B2 North (Hin­weis: Nor­den ist in die­sen Webb-Bil­dern rechts), ist eine der mole­ku­lar­reichs­ten Regio­nen, die wir ken­nen, doch Astro­no­men haben ihn noch nie mit einer sol­chen Klar­heit gesehen.

Sagittarius B2 MIRI
Webbs MIRI (Mid-Infrared Instru­ment) zeigt die Regi­on Sagit­ta­ri­us B2 (Sgr B2) im mitt­le­ren Infra­rot­licht, wobei war­mer Staub hell leuch­tet. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Gins­burg (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da), N. Budaiev (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da), T. Yoo (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da). Image pro­ces­sing: A. Pagan (STScI)

Der Unter­schied, den län­ge­re Wel­len­län­gen des Lichts selbst im Infra­rot­spek­trum aus­ma­chen, ist deut­lich, wenn man die Bil­der von Webbs MIRI- und NIR­Cam-Instru­men­ten (Nahin­fra­rot­ka­me­ra) ver­gleicht. Leuch­ten­des Gas und Staub erschei­nen im mitt­le­ren Infra­rot­be­reich dra­ma­tisch, wäh­rend alle außer den hells­ten Ster­nen aus dem Blick­feld verschwinden.

Im Gegen­satz zu MIRI sind es in Webbs NIR­Cam-Bild die far­ben­fro­hen Ster­ne, die gele­gent­lich von hel­len Gas- und Staub­wol­ken unter­bro­chen wer­den. Wei­te­re For­schun­gen zu die­sen Ster­nen wer­den Details ihrer Mas­se und ihres Alters ent­hül­len und den Astro­no­men hel­fen, den Pro­zess der Stern­ent­ste­hung in die­ser dich­ten, akti­ven Regi­on des galak­ti­schen Zen­trums bes­ser zu ver­ste­hen. Fin­det er schon seit Mil­lio­nen von Jah­ren statt? Oder wur­de er erst vor kur­zem durch einen unbe­kann­ten Pro­zess ausgelöst?

Die Astro­no­men hof­fen, dass Webb Auf­schluss dar­über geben wird, war­um die Stern­ent­ste­hung im galak­ti­schen Zen­trum so unver­hält­nis­mä­ßig stark ist. Obwohl die Regi­on reich­lich gas­för­mi­ges Roh­ma­te­ri­al ent­hält, ist sie ins­ge­samt bei wei­tem nicht so pro­duk­tiv wie Sagit­ta­ri­us B2. Sagit­ta­ri­us B2 ver­fügt zwar nur über zehn Pro­zent des Gases des galak­ti­schen Zen­trums, pro­du­ziert aber 50 Pro­zent der Sterne.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All geschickt wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens stell­te die ESA den Start­dienst für das Tele­skop mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Anpas­sun­gen der Aria­ne 5 für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­diens­tes durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch den Spek­tro­gra­fen NIR­Spec und 50 % des Mit­tel­in­fra­rot-Instru­ments MIRI zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um natio­nal finan­zier­ter euro­päi­scher Insti­tu­te (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­ty of Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen NASA, ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­nach­weis: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Gins­burg (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da); Bild­ver­ar­bei­tung: A. Pagan (STScI)

Links

Link zur ESA-Pres­se­mit­tei­lung weic2520

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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