Webb untersucht mondbildende Scheibe um massereichen Exoplaneten

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Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop von NASA/ESA/CSA hat die ers­ten direk­ten Mes­sun­gen der che­mi­schen und phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten einer poten­zi­el­len mond­bil­den­den Schei­be um einen gro­ßen Exo­pla­ne­ten durch­ge­führt. Die koh­len­stoff­rei­che Schei­be namens CT Cha B, die den Pla­ne­ten umgibt und 625 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt ist, ist eine mög­li­che Bau­stel­le für Mon­de, obwohl in den Webb-Daten kei­ne Mon­de nach­ge­wie­sen wurden.

Unser Son­nen­sys­tem umfasst acht gro­ße Pla­ne­ten und mehr als 400 bekann­te Mon­de, die sechs die­ser Pla­ne­ten umkrei­sen. Woher stam­men sie alle? Es gibt ver­schie­de­ne Ent­ste­hungs­me­cha­nis­men. Gro­ße Mon­de, wie die vier Gali­lei­schen Mon­de um Jupi­ter, kon­den­sier­ten bei ihrer Ent­ste­hung aus einer Staub- und Gas­schei­be, die den Pla­ne­ten umgab. Dies geschah jedoch vor über 4 Mil­li­ar­den Jah­ren, und es gibt heu­te kaum foren­si­sche Bewei­se dafür.

mondbildende Scheibe
Eine künst­le­ri­sche Dar­stel­lung einer Staub- und Gas­schei­be, die den jun­gen Exo­pla­ne­ten CT Cha b umgibt, 625 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt. Spek­tro­sko­pi­sche Daten des James-Webb-Welt­raum­te­le­skops deu­ten dar­auf hin, dass die Schei­be die Roh­stof­fe für die Mond­ent­ste­hung ent­hält. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, G. Cug­no (Uni­ver­si­ty of Zürich, NCCR Pla­netS), S. Grant (Car­ne­gie Insti­tu­ti­on for Sci­ence), J, Olm­sted (STScI), L. Hustak (STScI)

Webb hat nun den ers­ten direk­ten Blick auf Mate­ri­al in einer Schei­be um einen gro­ßen Exo­pla­ne­ten ermög­licht. Ein inter­na­tio­na­les Team von Astro­no­men hat eine koh­len­stoff­rei­che Schei­be ent­deckt, die den Pla­ne­ten CT Cha b umgibt, der 625 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt ist.

Der jun­ge Stern, den der Pla­net umkreist, ist erst 2 Mil­lio­nen Jah­re alt und akku­mu­liert wei­ter­hin zir­kum­stel­la­res Mate­ri­al. Die von Webb ent­deck­te zir­kum­pla­ne­ta­re Schei­be ist jedoch nicht Teil der grö­ße­ren Akkre­ti­ons­schei­be um den Zen­tral­stern. Die bei­den Objek­te sind 74 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter von­ein­an­der entfernt.

Die Beob­ach­tung der Pla­ne­ten- und Mond­ent­ste­hung ist grund­le­gend für das Ver­ständ­nis der Ent­wick­lung von Pla­ne­ten­sys­te­men in unse­rer Gala­xie. Mon­de sind wahr­schein­lich zahl­rei­cher als Pla­ne­ten, und eini­ge könn­ten Lebens­raum für Leben sein, wie wir es ken­nen. Doch wir ste­hen erst am Anfang einer Ära, in der wir ihre Ent­ste­hung beob­ach­ten können.

Die­se Ent­de­ckung trägt laut den For­schern zu einem bes­se­ren Ver­ständ­nis der Pla­ne­ten- und Mond­ent­ste­hung bei. Webbs Daten sind von unschätz­ba­rem Wert für Ver­glei­che mit der Ent­ste­hung unse­res Son­nen­sys­tems vor über 4 Mil­li­ar­den Jahren.

„Wir kön­nen Hin­wei­se auf die Schei­be um den Beglei­ter sehen und zum ers­ten Mal die Che­mie unter­su­chen. Wir beob­ach­ten nicht nur die Ent­ste­hung des Mon­des, son­dern auch die Ent­ste­hung die­ses Pla­ne­ten“, sag­te Co-Autorin Sier­ra Grant von der Car­ne­gie Insti­tu­ti­on for Sci­ence in Washing­ton, D.C., USA.

„Wir sehen, wel­ches Mate­ri­al sich ansam­melt, um den Pla­ne­ten und die Mon­de zu bil­den“, füg­te Haupt­au­to­rin Gabrie­le Cug­no von der Uni­ver­si­tät Zürich in der Schweiz und Mit­glied des Natio­na­len For­schungs­schwer­punkts Pla­netS hinzu.

Das Sternenlicht analysieren

Die Infra­rot­be­ob­ach­tun­gen von CT Cha b wur­den mit dem MIRI (Mid-Infrared Instru­ment) von Webb unter Ver­wen­dung sei­nes Spek­tro­gra­fen mit mitt­le­rer Auf­lö­sung durch­ge­führt. Ein ers­ter Blick in Webbs Archiv­da­ten ergab Anzei­chen von Mole­kü­len inner­halb der zir­kum­pla­ne­ta­ren Schei­be, was zu einer tie­fe­ren Unter­su­chung der Daten moti­vier­te. Da das schwa­che Signal des Pla­ne­ten im grel­len Licht des Mut­ter­sterns ver­bor­gen ist, muss­ten die For­scher das Licht des Sterns mit­hil­fe kon­trast­rei­cher Metho­den vom Licht des Pla­ne­ten trennen.

„Wir sahen Mole­kü­le an der Posi­ti­on des Pla­ne­ten und wuss­ten daher, dass es dort Mate­ri­al gab, nach dem es sich zu gra­ben lohn­te. Wir ver­brach­ten ein Jahr damit, die Daten zu ent­schlüs­seln. Es erfor­der­te wirk­lich viel Aus­dau­er“, sag­te Grant.

Schließ­lich ent­deck­te das Team sie­ben koh­len­stoff­hal­ti­ge Mole­kü­le in der Schei­be des Pla­ne­ten, dar­un­ter Ace­tylen (C2H2) und Ben­zol (C6H6). Die­se koh­len­stoff­rei­che Che­mie steht in star­kem Kon­trast zu der Che­mie in der Schei­be um den Mut­ter­stern, wo die For­scher zwar Was­ser, aber kei­nen Koh­len­stoff fan­den. Der Unter­schied zwi­schen den bei­den Schei­ben lie­fert Hin­wei­se auf ihre schnel­le che­mi­sche Ent­wick­lung inner­halb von nur 2 Mil­lio­nen Jahren.

Entstehung der Monde

Eine zir­kum­pla­ne­ta­re Trüm­mer­schei­be wird seit lan­gem als Geburts­ort der vier gro­ßen Jupi­ter­mon­de ver­mu­tet. Die­se Gali­lei­schen Satel­li­ten müs­sen sich vor Mil­li­ar­den von Jah­ren aus einer sol­chen abge­flach­ten Schei­be her­aus­ge­bil­det haben, wie ihre kopla­na­ren Umlauf­bah­nen um Jupi­ter bele­gen. Die bei­den äußers­ten Gali­lei­schen Mon­de, Gany­med und Kal­lis­to, bestehen zu 50% aus Was­ser­eis. Sie haben aber ver­mut­lich einen Gesteins­kern, mög­li­cher­wei­se aus Koh­len­stoff oder Silizium.

„Wir wol­len mehr dar­über erfah­ren, wie in unse­rem Son­nen­sys­tem Mon­de ent­stan­den sind. Das bedeu­tet, dass wir uns ande­re Sys­te­me anse­hen müs­sen, die sich noch im Auf­bau befin­den. Wir ver­su­chen zu ver­ste­hen, wie das alles funk­tio­niert“, sag­te Cug­no. „Wie ent­ste­hen die­se Mon­de? Was sind ihre Bestand­tei­le? Wel­che phy­si­ka­li­schen Pro­zes­se spie­len dabei eine Rol­le und in wel­chen Zeit­räu­men? Mit Webb kön­nen wir das Dra­ma der Mond­ent­ste­hung mit­ver­fol­gen und die­se Fra­gen zum ers­ten Mal beob­ach­tend untersuchen.“

Im kom­men­den Jahr wird das Team Webb nut­zen, um eine umfas­sen­de Unter­su­chung ähn­li­cher Objek­te durch­zu­füh­ren, um die Viel­falt der phy­si­ka­li­schen und che­mi­schen Eigen­schaf­ten in den Schei­ben um jun­ge Pla­ne­ten bes­ser zu verstehen.

Die­se Ergeb­nis­se wer­den heu­te in den Astro­phy­si­cal Jour­nal Let­ters veröffentlicht.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All geschickt wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens stell­te die ESA den Start­dienst für das Tele­skop mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Anpas­sun­gen der Aria­ne 5 für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­diens­tes durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch den Spek­tro­gra­fen NIR­Spec und 50% des Mit­tel­in­fra­rot-Instru­ments MIRI zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um natio­nal finan­zier­ter euro­päi­scher Insti­tu­te (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­ty of Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen der NASA, der ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­nach­weis: NASA, ESA, CSA, STScI, G. Cug­no (Uni­ver­si­tät Zürich, NCCR Pla­netS), S. Grant (Car­ne­gie Insti­tu­ti­on for Sci­ence), J, Olm­sted (STScI), L. Hustak (STScI)

Links

Link zur ESA-Pres­se­mit­tei­lung weic2521

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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