Webb enthüllt Details und Geheimnisse in Jupiters Polarlicht

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Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop von NASA/ESA/CSA hat neue Details der Polar­lich­ter auf dem größ­ten Pla­ne­ten unse­res Son­nen­sys­tems ein­ge­fan­gen. Die auf dem Jupi­ter beob­ach­te­ten tan­zen­den Lich­ter sind hun­dert­mal hel­ler als die auf der Erde. Dank Webbs erhöh­ter Emp­find­lich­keit konn­ten Astro­no­men die Phä­no­me­ne unter­su­chen, um Jupi­ters Magne­to­sphä­re bes­ser zu verstehen.

Polar­lich­ter ent­ste­hen, wenn hoch­en­er­ge­ti­sche Teil­chen in die Atmo­sphä­re eines Pla­ne­ten in der Nähe sei­ner Magnet­po­le ein­tre­ten und mit Gas­ato­men kol­li­die­ren. Die Polar­lich­ter des Jupi­ters sind nicht nur rie­sig, son­dern auch hun­dert­mal ener­gie­rei­cher als Polar­lich­ter auf der Erde. Hier ent­ste­hen Polar­lich­ter durch Son­nen­stür­me – wenn gela­de­ne Teil­chen auf die obe­re Atmo­sphä­re nie­der­ge­hen, Gase anre­gen und sie in den Far­ben Rot, Grün und Vio­lett leuch­ten las­sen. Jupi­ter hin­ge­gen hat eine zusätz­li­che Quel­le für sei­ne Polar­lich­ter: Das star­ke Magnet­feld des Gas­rie­sen fängt gela­de­ne Teil­chen aus sei­ner Umge­bung ein. Dazu gehö­ren nicht nur die gela­de­nen Teil­chen des Son­nen­winds, son­dern auch die Teil­chen, die von sei­nem Mond Io, der für sei­ne zahl­rei­chen und gro­ßen Vul­ka­ne bekannt ist, ins All geschleu­dert wer­den. Ios Vul­ka­ne spu­cken Teil­chen aus, die bemer­kens­wer­ter­wei­se der Schwer­kraft des Mon­des ent­kom­men und Jupi­ter umkrei­sen. Auch eine Flut gela­de­ner Teil­chen, die von der Son­ne wäh­rend Son­nen­stür­men frei­ge­setzt wird, erreicht den Pla­ne­ten. Jupi­ters gro­ßes und star­kes Magnet­feld fängt gela­de­ne Teil­chen ein und beschleu­nigt sie auf enor­me Geschwin­dig­kei­ten. Die­se schnel­len Par­ti­kel tref­fen mit hoher Ener­gie auf die Atmo­sphä­re des Pla­ne­ten, wodurch das Gas zum Leuch­ten ange­regt wird.

Polarlicht Jupiter
Neue Details der Polar­lich­ter auf dem größ­ten Pla­ne­ten unse­res Son­nen­sys­tems im Nahin­fra­ro­ten. Die Bil­der zei­gen Ver­än­de­run­gen der Polar­licht­struk­tu­ren im Abstand von eini­gen Minu­ten. – Cre­dit: ESA/Webb, NASA, CSA, J. Nichols (Uni­ver­si­tät Lei­ces­ter), M. Zama­ni (ESA/Webb)

Nun lie­fern Webbs ein­zig­ar­ti­ge Fähig­kei­ten neue Ein­bli­cke in die Polar­lich­ter des Jupi­ters. Die Emp­find­lich­keit des Tele­skops ermög­licht es Astro­no­men, die Belich­tungs­zeit zu erhö­hen, um schnell wech­seln­de Polar­licht­merk­ma­le ein­zu­fan­gen. Neue Daten wur­den am Weih­nachts­tag 2023 von einem Wis­sen­schaft­ler­team unter der Lei­tung von Jona­than Nichols von der Uni­ver­si­ty of Lei­ces­ter im Ver­ei­nig­ten König­reich mit Webbs Nahin­fra­rot­ka­me­ra (NIR­Cam) erfasst.

Was für ein Weih­nachts­ge­schenk! Ich war ein­fach hin und weg!“, erzähl­te Nichols . „Wir woll­ten sehen, wie schnell sich die Polar­lich­ter ver­än­dern und erwar­te­ten ein lang­sa­mes Auf und Ab, viel­leicht über eine Vier­tel­stun­de oder so. Statt­des­sen beob­ach­te­ten wir, wie die gesam­te Polar­licht­re­gi­on zischend und knal­lend auf­leuch­te­te, was sich manch­mal im Sekun­den­takt änderte.“

Die Daten des Teams zeig­ten, dass die Emis­si­on des Tri­was­ser­stof­fi­ons (H3+) deut­lich varia­bler ist als bis­her ange­nom­men. Die Beob­ach­tun­gen wer­den dazu bei­tra­gen, das Ver­ständ­nis der Erwär­mung und Abküh­lung der obe­ren Atmo­sphä­re des Jupi­ters zu ver­bes­sern. Das Team ent­deck­te auch eini­ge uner­klär­li­che Beob­ach­tun­gen in sei­nen Daten.

„Das Beson­de­re an die­sen Beob­ach­tun­gen ist, dass wir gleich­zei­tig mit dem NASA/E­SA-Welt­raum­te­le­skop Hub­ble Bil­der im Ultra­vio­let­ten auf­ge­nom­men haben“, so Nichols wei­ter. „Selt­sa­mer­wei­se gab es für das hells­te von Webb beob­ach­te­te Licht kein rea­les Gegen­stück in Hub­bles Bil­dern. Das hat uns vor ein Rät­sel gestellt. Um die von Webb und Hub­ble beob­ach­te­te Hel­lig­keits­kom­bi­na­ti­on zu erzeu­gen, bedarf es einer schein­bar unmög­li­chen Kom­bi­na­ti­on gro­ßer Men­gen sehr ener­gie­ar­mer Teil­chen, die auf die Atmo­sphä­re tref­fen – wie ein Nie­sel­re­gen! Wir ver­ste­hen immer noch nicht, wie das passiert.“ 

Das Team plant nun, die­se Dis­kre­panz zwi­schen den Hub­ble- und Webb-Daten zu unter­su­chen und die wei­te­ren Aus­wir­kun­gen auf die Atmo­sphä­re und die Welt­raum­um­ge­bung des Jupi­ters zu erfor­schen. Dar­über hin­aus wol­len sie die­se For­schungs­ar­bei­ten mit wei­te­ren Webb-Beob­ach­tun­gen fort­set­zen, die sie mit Daten der NASA-Raum­son­de Juno ver­glei­chen kön­nen, um die Ursa­che der rät­sel­haf­ten hel­len Emis­si­on bes­ser zu ergrün­den. Die­se Erkennt­nis­se könn­ten auch dem Jupi­ter Icy Moons Explo­rer der Euro­päi­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­ti­on (ESA) namens Juice von Nut­zen sein , der auf dem Weg zum Jupi­ter ist, um detail­lier­te Beob­ach­tun­gen des rie­si­gen Gas­pla­ne­ten und sei­ner drei gro­ßen oze­an­hal­ti­gen Mon­de Gany­med, Kal­lis­to und Euro­pa durch­zu­füh­ren. Juice wird die Polar­lich­ter des Jupi­ters mit sie­ben ein­zig­ar­ti­gen wis­sen­schaft­li­chen Instru­men­ten, dar­un­ter zwei Bild­ge­bern, unter­su­chen. Die­se Mes­sun­gen aus nächs­ter Nähe wer­den uns hel­fen zu ver­ste­hen, wie das Magnet­feld und die Atmo­sphä­re des Pla­ne­ten zusam­men­wir­ken und wel­che Aus­wir­kun­gen die gela­de­nen Teil­chen von Io und den ande­ren Mon­den auf die Jupi­ter­at­mo­sphä­re haben.

Die­se Ergeb­nis­se wur­den aus Daten des Webb-Beob­ach­tungs­pro­gramms für den Zyklus 2 (Nr. 4566) und des Hub­ble-Beob­ach­tungs­pro­gramms (Nr. 17471) gewon­nen. Die Ergeb­nis­se wur­den ges­tern in Natu­re Com­mu­ni­ca­ti­ons veröffentlicht.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All gebracht wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens stell­te die ESA den Start­dienst für das Tele­skop mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit ihren Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Aria­ne-5-Anpas­sun­gen für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­ser­vices durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch das Arbeits­pferd, den Spek­tro­gra­phen NIR­Spec, und 50 % des Instru­ments für das mitt­le­re Infra­rot (MIRI) zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um natio­nal finan­zier­ter euro­päi­scher Insti­tu­te (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­tät von Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen NASA, ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­nach­weis: ESA/Webb, NASA, CSA, J. Nichols (Uni­ver­si­tät Lei­ces­ter), M. Zama­ni (ESA/Webb)

Links

Link zur ESA-Pres­se­mit­tei­lung weic2510

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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