Webb fotografiert junge riesige Exoplaneten

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Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop der NASA/ESA/CSA hat direk­te Bil­der meh­re­rer Gas­rie­sen inner­halb eines bekann­ten Pla­ne­ten­sys­tems auf­ge­nom­men. HR 8799, ein jun­ges Sys­tem in 130 Licht­jah­ren Ent­fer­nung im Stern­bild Pega­sus, ist seit lan­gem ein wich­ti­ges Ziel für Stu­di­en zur Pla­ne­ten­ent­ste­hung. Die Beob­ach­tun­gen zei­gen, dass die gut unter­such­ten Pla­ne­ten von HR 8799 reich an Koh­len­di­oxid­gas sind. Dies ist ein star­ker Beweis dafür, dass die vier Rie­sen­pla­ne­ten des Sys­tems ähn­lich wie Jupi­ter und Saturn ent­stan­den sind, indem sie lang­sam fes­te Ker­ne bil­de­ten, die Gas aus einer pro­to­pla­ne­ta­ren Schei­be anzogen.

HR 8799
Die­ses Bild zeigt das Pla­ne­ten­sys­tem HR 8799, das mit dem James-Webb-Space-Telescope auf­ge­nom­men wur­de. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, W. Bal­mer (JHU), L. Pueyo (STScI), M. Per­rin (STScI)

Die Ergeb­nis­se bestä­ti­gen zudem, dass Webb mit Hil­fe von Bil­dern Rück­schlüs­se auf die che­mi­sche Zusam­men­set­zung von Exo­pla­ne­ten­at­mo­sphä­ren zie­hen kann. Die­se Tech­nik ergänzt Webbs leis­tungs­star­ke spek­tro­sko­pi­sche Instru­men­te, die die Zusam­men­set­zung der Atmo­sphä­re bestimmen.

„Durch die Ent­de­ckung die­ser aus­ge­präg­ten Koh­len­di­oxid-Merk­ma­le haben wir gezeigt, dass die Atmo­sphä­ren die­ser Pla­ne­ten einen beträcht­li­chen Anteil schwe­re­rer Ele­men­te wie Koh­len­stoff, Sau­er­stoff und Eisen ent­hal­ten“, sag­te Wil­liam Bal­mer von der Johns Hop­kins Uni­ver­si­ty in Bal­ti­more. „Ange­sichts des­sen, was wir über den Stern wis­sen, den sie umkrei­sen, deu­tet dies wahr­schein­lich dar­auf hin, dass sie durch Kern­ak­kre­ti­on ent­stan­den sind. Das ist eine span­nen­de Schluss­fol­ge­rung für Pla­ne­ten, die wir direkt sehen können.“

Bal­mer ist der Haupt­au­tor der Stu­die, deren Ergeb­nis­se heu­te im Astro­phy­si­cal Jour­nal ver­öf­fent­licht wur­den. Die Ana­ly­se von Bal­mer und sei­nem Team umfasst auch Webbs Beob­ach­tung eines 97 Licht­jah­re ent­fern­ten Sys­tems namens 51 Eridani. HR 8799 ist ein jun­ges Sys­tem, etwa 30 Mil­lio­nen Jah­re alt, ein Bruch­teil der 4,6 Mil­li­ar­den Jah­re unse­res Son­nen­sys­tems. Die Pla­ne­ten in HR 8799 sind noch heiß von ihrer tur­bu­len­ten Ent­ste­hung und strah­len gro­ße Men­gen an Infra­rot­licht ab, das den Wis­sen­schaft­lern wert­vol­le Daten über ihre Ent­ste­hung liefert.

51 Eri b
Die NIR­Cam (Nahin­fra­rot­ka­me­ra) des James Webb-Welt­raum­te­le­skops hat die­ses Bild von Eridani 51 b auf­ge­nom­men, einem küh­len, jun­gen Exo­pla­ne­ten, der 17,7 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter von sei­nem Stern ent­fernt kreist. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, W. Bal­mer (JHU), L. Pueyo (STScI), M. Per­rin (STScI)

Rie­sen­pla­ne­ten kön­nen auf zwei Arten ent­ste­hen: durch den lang­sa­men Auf­bau fes­ter Ker­ne mit schwe­re­ren Ele­men­ten, die Gas anzie­hen, wie bei den Rie­sen­pla­ne­ten in unse­rem Son­nen­sys­tem, oder wenn Gas­par­ti­kel schnell zu mas­si­ven Objek­ten aus der abküh­len­den Schei­be eines jun­gen Sterns ver­schmel­zen, die größ­ten­teils aus der glei­chen Art von Mate­ri­al wie der Stern besteht. Zu wis­sen, wel­ches Ent­ste­hungs­mo­dell häu­fi­ger vor­kommt, kann den Wis­sen­schaft­lern Anhalts­punk­te geben, um zwi­schen den Pla­ne­ten­ty­pen zu unter­schei­den, die sie in ande­ren Sys­te­men finden.

„Unse­re Hoff­nung bei die­ser Art von For­schung ist es, unser eige­nes Son­nen­sys­tem, das Leben und uns selbst im Ver­gleich zu ande­ren exo­pla­ne­ta­ren Sys­te­men zu ver­ste­hen, damit wir unse­re Exis­tenz in einen Kon­text stel­len kön­nen“, sag­te Bal­mer. „Wir wol­len Bil­der von ande­ren Son­nen­sys­te­men machen und sehen, wie sie sich von unse­rem unter­schei­den. So kön­nen wir ein Gefühl dafür bekom­men, wie unge­wöhn­lich – oder wie nor­mal – unser Son­nen­sys­tem wirk­lich ist.“

Von den fast 6.000 ent­deck­ten Exo­pla­ne­ten konn­ten nur weni­ge direkt abge­bil­det wer­den, da selbst Rie­sen­pla­ne­ten vie­le tau­send Mal licht­schwä­cher sind als ihre Ster­ne. Die Bil­der von HR 8799 und 51 Eridani wur­den durch Webbs NIR­Cam-Koro­na­gra­phen (Nahin­fra­rot­ka­me­ra) ermög­licht, der das Licht hel­ler Ster­ne blo­ckiert und so ansons­ten ver­bor­ge­ne Wel­ten sicht­bar wer­den lässt. Die­se Tech­no­lo­gie ermög­lich­te es dem Team, nach Infra­rot­licht zu suchen, das von den Pla­ne­ten in Wel­len­län­gen emit­tiert wird, die von bestimm­ten Gasen absor­biert wer­den. Das Team fand her­aus, dass die vier Pla­ne­ten von HR 8799 mehr schwe­re Ele­men­te ent­hal­ten als bis­her ange­nom­men.

„Die ein­zig­ar­ti­gen Fähig­kei­ten von Webb ermög­li­chen es uns zum ers­ten Mal, die gro­ße Viel­falt die­ser direkt abge­bil­de­ten Pla­ne­ten zu erfor­schen. Dies gibt uns wich­ti­ge Hin­wei­se dar­auf, wie sich sol­che Pla­ne­ten­sys­te­me gebil­det haben“, sag­te Emi­ly Rick­man von der Euro­päi­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­ti­on, eine Mit­au­torin der Stu­die. „Die­se neu­en Beob­ach­tun­gen zei­gen erneut, wie wert­voll das Mehr­pla­ne­ten­sys­tem HR 8799 als Sprung­brett für das Ver­ständ­nis der Ent­ste­hung von Exo­pla­ne­ten­sys­te­men und unse­res eige­nen Son­nen­sys­tems ist.“

Spektrum HR 8799 e
Die­ses Dia­gramm zeigt ein Spek­trum eines der Pla­ne­ten im Sys­tem HR 8799, HR 8799 e, das die Men­gen an Nahin­fra­rot­licht anzeigt, die Webb bei ver­schie­de­nen Wel­len­län­gen vom Pla­ne­ten ent­deckt hat. – Cre­dit: NASA, ESA, CSA, STScI, W. Bal­mer (JHU), L. Pueyo (STScI), M. Per­rin (STScI)

Das Team ebnet den Weg für detail­lier­te­re Beob­ach­tun­gen, um fest­zu­stel­len, ob es sich bei den Objek­ten, die sie im Orbit um ande­re Ster­ne beob­ach­ten, tat­säch­lich um Rie­sen­pla­ne­ten oder um Objek­te wie Brau­ne Zwer­ge han­delt, die sich wie Ster­ne bil­den, aber nicht genü­gend Mas­se ansam­meln, um die Kern­fu­si­on zu zünden.

„Wir haben ande­re Hin­wei­se dar­auf, dass die­se vier Pla­ne­ten von HR 8799 mit die­sem Bot­tom-up-Ansatz ent­stan­den sind“, sagt Lau­rent Pueyo, Astro­nom am Space Telescope Sci­ence Insti­tu­te in Bal­ti­more, der die Arbeit mit gelei­tet hat. „Wie häu­fig ist dies bei Pla­ne­ten, die wir direkt abbil­den kön­nen? Das wis­sen wir noch nicht, aber wir schla­gen wei­te­re Webb-Beob­ach­tun­gen vor, um die­se Fra­ge zu beant­wor­ten“.

„Wir wuss­ten, dass Webb die Far­ben der äuße­ren Pla­ne­ten in direkt abge­bil­de­ten Sys­te­men mes­sen kann“, füg­te Rémi Soum­mer, Direk­tor des Rus­sell B. Maki­don Optics Lab des STScI und ehe­ma­li­ger Lei­ter des Webb-Koro­na­gra­phen­be­triebs, hin­zu. „Wir haben 10 Jah­re lang auf die Bestä­ti­gung gewar­tet, dass unser fein abge­stimm­ter Betrieb des Tele­skops uns auch den Zugang zu den inne­ren Pla­ne­ten ermög­li­chen wür­de. Jetzt lie­gen die Ergeb­nis­se vor und wir kön­nen damit inter­es­san­te Wis­sen­schaft betreiben.“

Die NIR­Cam-Beob­ach­tun­gen von HR 8799 und 51 Eridani wur­den im Rah­men der Pro­gram­me 1194 bzw. 1412 durchgeführt.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All geschos­sen wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens stell­te die ESA den Start­dienst für das Tele­skop mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 bereit. In Zusam­men­ar­beit mit ihren Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Aria­ne-5-Anpas­sun­gen für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­ser­vices durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch den Arbeits­spek­tro­gra­phen NIR­Spec und 50 % des Instru­ments für das mitt­le­re Infra­rot (MIRI) zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um aus natio­nal finan­zier­ten euro­päi­schen Insti­tu­ten (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­tät von Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen NASA, ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­nach­weis: NASA, ESA, CSA, STScI, W. Bal­mer (JHU), L. Pueyo (STScI), M. Per­rin (STScI)

Links

Link zur ESA-Pres­se­mit­tei­lung weic2504

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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