Webb findet Hinweise auf einen Planeten um TWA 7

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Astro­no­men haben mit dem James-Webb-Welt­raum­te­le­skop von NASA/ESA/CSA über­zeu­gen­de Bewei­se für einen Pla­ne­ten mit einer Mas­se ähn­lich der des Saturns gefun­den, der den jun­gen, nahe­ge­le­ge­nen Stern TWA 7 umkreist. Soll­te sich dies bestä­ti­gen, wäre dies Webbs ers­te direk­te Ent­de­ckung eines Pla­ne­ten auf einem Bild und der leich­tes­te Pla­net, der jemals mit die­ser Tech­nik beob­ach­tet wurde.

Das inter­na­tio­na­le Team unter der Lei­tung von Dr. Anne-Marie Lagran­ge, CNRS-For­sche­rin am Obser­va­toire de Paris-PSL und der Uni­ver­si­té Gre­no­ble Alpes in Frank­reich, ent­deck­te mit­hil­fe des Mid-Infrared Instru­ment (MIRI) und sei­nes Koro­no­gra­phen des JWST eine schwa­che Infra­rot­quel­le in der Trüm­mer­schei­be um TWA 7. Die Quel­le befin­det sich etwa 1,5 Bogen­se­kun­den vom Stern ent­fernt, was in der Ent­fer­nung von TWA7 etwa dem Fünf­zig­fa­chen der Ent­fer­nung der Erde zur Son­ne ent­spricht. Dies ent­spricht der erwar­te­ten Posi­ti­on eines Pla­ne­ten, der wich­ti­ge Merk­ma­le der Trüm­mer­schei­be erklä­ren würde.

Exoplanet TWA 7b
In die­sem Bild von MIRI wur­de das Licht des Sterns TWA 7 her­aus­ge­rech­net. Die Posi­ti­on des Sterns ist mit einem Kreis und einem Stern­sym­bol in der Bild­mit­te mar­kiert. Der hel­le Fleck rechts oben vom Stern ist die als TWA 7b iden­ti­fi­zier­te Quel­le inner­halb der Trüm­mer­schei­be. Der wei­ter ent­fern­te oran­ge­far­be­ne Fleck links im Bild ist ein unab­hän­gi­ger Hin­ter­grund­stern. – Cre­dit: ESA/Webb, NASA, CSA, AM Lagran­ge, M. Zama­ni (ESA/Webb)

Mit­hil­fe des Koro­no­gra­phen an Webbs Mid-Infrared Instru­ment unter­drück­te das Team am 21. Juni 2024 sorg­fäl­tig das hel­le Leuch­ten des Mut­ter­sterns, um schwa­che Objek­te in der Nähe sicht­bar zu machen. Die­se als Hoch­kon­trast-Bild­ge­bung bezeich­ne­te Tech­nik ermög­licht es den Astro­no­men, Pla­ne­ten direkt zu erken­nen, die sonst im glei­ßen­den Licht ihres Mut­ter­sterns ver­lo­ren gehen wür­den. Nach der Sub­trak­ti­on des rest­li­chen Ster­nen­lichts mit­tels moder­ner Bild­ver­ar­bei­tung wur­de in der Nähe von TWA 7 eine schwa­che Infra­rot­quel­le ent­deckt, die von Hin­ter­grund­ga­la­xien oder Objek­ten des Son­nen­sys­tems unter­scheid­bar ist. Die Quel­le befin­det sich in einer Lücke in einem der drei Staub­rin­ge, die bei frü­he­ren boden­ge­bun­de­nen Beob­ach­tun­gen um TWA 7 ent­deckt wur­den. Ihre Hel­lig­keit, Far­be, Ent­fer­nung vom Stern und Posi­ti­on inner­halb des Rings stim­men mit den theo­re­ti­schen Vor­her­sa­gen über­ein, die einen jun­gen, kal­ten Pla­ne­ten mit der Mas­se des Saturns beschrei­ben, der die umge­ben­de Trüm­mer­schei­be formt.

„Unse­re Beob­ach­tun­gen las­sen einen star­ken Kan­di­da­ten für einen Pla­ne­ten erken­nen, der die Struk­tur der Trüm­mer­schei­be von TWA 7 prägt, und sei­ne Posi­ti­on ist genau dort, wo wir einen Pla­ne­ten die­ser Mas­se erwar­tet hat­ten“ , sag­te Dr. Lagrange.

„Die­ses Obser­va­to­ri­um ermög­licht es uns, Bil­der von Pla­ne­ten mit ähn­li­chen Mas­sen wie denen im Son­nen­sys­tem auf­zu­neh­men, was einen auf­re­gen­den Fort­schritt in unse­rem Ver­ständ­nis von Pla­ne­ten­sys­te­men, ein­schließ­lich unse­res eige­nen, dar­stellt“, füg­te Co-Autorin Mat­hil­de Malin von der Johns Hop­kins Uni­ver­si­ty und dem Space Telescope Sci­ence Insti­tu­te in Bal­ti­more hinzu.

Ers­te Ana­ly­sen deu­ten dar­auf hin, dass es sich bei dem als TWA 7b bezeich­ne­ten Objekt um einen jun­gen, kal­ten Pla­ne­ten mit einer Mas­se von etwa dem 0,3‑fachen des Jupi­ters (~100 Erd­mas­sen) und einer Tem­pe­ra­tur von etwa 320 Kel­vin (etwa 47 Grad Cel­si­us) han­deln könn­te. Sei­ne Posi­ti­on stimmt mit einer Lücke in der Schei­be über­ein, was auf eine dyna­mi­sche Wech­sel­wir­kung zwi­schen dem Pla­ne­ten und sei­ner Umge­bung hindeutet.

Mit Staub und Gestein gefüll­te Trüm­mer­schei­ben fin­den sich sowohl um jun­ge als auch um älte­re Ster­ne, wobei sie bei jün­ge­ren Ster­nen auf­grund ihrer Hel­lig­keit leich­ter zu erken­nen sind. Sie wei­sen oft sicht­ba­re Rin­ge oder Lücken auf, die ver­mut­lich von Pla­ne­ten stam­men, die sich um den Stern gebil­det haben. Bis­her wur­de jedoch noch kein sol­cher Pla­net in einer Trüm­mer­schei­be ent­deckt. Nach Bestä­ti­gung wäre die­se Ent­de­ckung das ers­te Mal, dass ein Pla­net direkt mit der Ent­ste­hung einer Trüm­mer­schei­be in Ver­bin­dung gebracht wird, und könn­te den ers­ten Beob­ach­tungs­hin­weis auf eine Tro­ja­ni­sche Schei­be lie­fern – eine Ansamm­lung von Staub, die in der Umlauf­bahn des Pla­ne­ten gefan­gen ist.

TWA 7, auch bekannt als CE Anti­lae, ist ein jun­ger (ca. 6,4 Mil­lio­nen Jah­re alter) M‑Stern, der sich etwa 111 Licht­jah­re ent­fernt in der TW Hydrae-Asso­zia­ti­on befin­det. Sei­ne nahe­zu fron­ta­le Schei­be mach­te ihn zu einem idea­len Ziel für Webbs hoch­emp­find­li­che Beob­ach­tun­gen im mitt­le­ren Infrarot.

Die Ergeb­nis­se unter­strei­chen Webbs Fähig­keit, bis­her unent­deck­te, mas­se­ar­me Pla­ne­ten um nahe Ster­ne zu erfor­schen. Lau­fen­de und zukünf­ti­ge Beob­ach­tun­gen zie­len dar­auf ab, die Eigen­schaf­ten des Kan­di­da­ten genau­er ein­zu­schrän­ken, sei­nen Pla­ne­ten­sta­tus zu bestä­ti­gen und unser Ver­ständ­nis der Pla­ne­ten­ent­ste­hung und der Schei­ben­ent­wick­lung in jun­gen Sys­te­men zu ver­tie­fen. Die­ses vor­läu­fi­ge Ergeb­nis zeigt die span­nen­de neue Gren­ze, die JWST für die Ent­de­ckung und Cha­rak­te­ri­sie­rung von Exo­pla­ne­ten öffnet.

Die­se Beob­ach­tun­gen wur­den im Rah­men des Webb-Beob­ach­tungs­pro­gramms #3662 durch­ge­führt. Die Ergeb­nis­se wur­den heu­te in Natu­re veröffentlicht.

Hintergrundinformationen

Webb ist das größ­te und leis­tungs­stärks­te Tele­skop, das jemals ins All geschos­sen wur­de. Im Rah­men eines inter­na­tio­na­len Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens hat die ESA den Start des Tele­skops mit der Trä­ger­ra­ke­te Aria­ne 5 durch­ge­führt. In Zusam­men­ar­beit mit ihren Part­nern war die ESA für die Ent­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung der Aria­ne-5-Anpas­sun­gen für die Webb-Mis­si­on sowie für die Beschaf­fung des Start­ser­vices durch Aria­nespace ver­ant­wort­lich. Die ESA stell­te auch das Arbeits­pferd, den Spek­tro­gra­phen NIR­Spec, und 50% des Instru­ments für das mitt­le­re Infra­rot (MIRI) zur Ver­fü­gung, das von einem Kon­sor­ti­um aus staat­lich finan­zier­ten euro­päi­schen Insti­tu­ten (dem MIRI Euro­pean Con­sor­ti­um) in Zusam­men­ar­beit mit dem JPL und der Uni­ver­si­tät von Ari­zo­na ent­wi­ckelt und gebaut wurde.

Webb ist eine inter­na­tio­na­le Part­ner­schaft zwi­schen NASA, ESA und der Cana­di­an Space Agen­cy (CSA).

Bild­nach­weis: ESA/Webb, NASA, CSA, AM Lagran­ge, M. Zama­ni (ESA/Webb)

Links

Wis­sen­schaft­li­ches Paper
Ver­öf­fent­li­chung auf der ESA-Web­site
Ver­öf­fent­li­chung auf der STScI-Web­site
Ver­öf­fent­li­chung auf der CNRS-Website

Link zur ESA-Pres­se­mit­tei­lung weic2512

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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