Sauerstoff in der am weitesten entfernten Galaxie nachgewiesen

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Zwei ver­schie­de­ne For­schungs­grup­pen haben in der am wei­tes­ten ent­fern­ten bekann­ten Gala­xie, JADES-GS-z14‑0, Sau­er­stoff nach­ge­wie­sen. Wie in zwei sepa­ra­ten Stu­di­en berich­tet wur­de, gelang die­se Ent­de­ckung dank des Ata­ca­ma Lar­ge Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die Euro­päi­sche Süd­stern­war­te (ESO) betei­ligt ist. Die­ser rekord­ver­däch­ti­ge Nach­weis lässt Astro­no­men neu dar­über nach­den­ken, wie schnell sich Gala­xien im frü­hen Uni­ver­sum gebil­det haben.

JADES-GS-z14-0
Die­ses Bild zeigt die genaue Posi­ti­on der Gala­xie JADES-GS-z14‑0 am Nacht­him­mel im Stern­bild For­nax. – Cre­dit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/S. Car­nia­ni et al./S. Schouws et al/JWST: NASA, ESA, CSA, STScI, Brant Robert­son (UC San­ta Cruz), Ben John­son (CfA), San­dro Tac­chel­la (Cam­bridge), Phill Car­gi­le (CfA)

JADES-GS-z14‑0 wur­de letz­tes Jahr im Stern­bild Che­mi­scher Ofen (For­nax) ent­deckt und gilt als die am wei­tes­ten ent­fern­te bestä­tig­te Gala­xie, die jemals gefun­den wur­de: Sie ist so weit ent­fernt, dass ihr Licht 13,4 Mil­li­ar­den Jah­re gebraucht hat, um uns zu errei­chen. Das bedeu­tet, dass wir sie zu einem Zeit­punkt sehen, als das Uni­ver­sum weni­ger als 300 Mil­lio­nen Jah­re alt war, was etwa 2 % sei­nes heu­ti­gen Alters ent­spricht. Der neue Nach­weis von Sau­er­stoff mit ALMA, einem Zusam­men­schluss von Tele­sko­pen in der chi­le­ni­schen Ata­ca­ma-Wüs­te, deu­tet dar­auf hin, dass die Gala­xie che­misch viel wei­ter ent­wi­ckelt ist als erwartet.

Es ist, als wür­de man einen Jugend­li­chen dort fin­den, wo man nur Babys erwar­tet“, sagt San­der Schouws, Dok­to­rand am Obser­va­to­ri­um Lei­den in den Nie­der­lan­den und Erst­au­tor der von den Nie­der­lan­den gelei­te­ten Stu­die, die jetzt zur Ver­öf­fent­li­chung in The Astro­phy­si­cal Jour­nal ange­nom­men wur­de. „Die Ergeb­nis­se zei­gen, dass sich die Gala­xie in sehr kur­zer Zeit gebil­det hat und auch schnell wächst, was die immer zahl­rei­che­ren Bele­ge dafür unter­mau­ert, dass die Bil­dung von Gala­xien viel schnel­ler von­stat­ten­geht als erwar­tet.“

Gala­xien begin­nen ihr Leben in der Regel mit vie­len jun­gen Ster­nen, die haupt­säch­lich aus leich­ten Ele­men­ten wie Was­ser­stoff und Heli­um bestehen. Wäh­rend sich die Ster­ne wei­ter­ent­wi­ckeln, erzeu­gen sie schwe­re­re Ele­men­te wie Sau­er­stoff, die sich nach ihrem Tod in ihrer Wirts­ga­la­xie ver­tei­len. Zuvor waren For­schen­de davon aus­ge­gan­gen, dass das 300 Mil­lio­nen Jah­re alte Uni­ver­sum noch zu jung war, um Gala­xien mit einem hohen Anteil an schwe­ren Ele­men­ten zu bil­den. Die bei­den ALMA-Stu­di­en deu­ten jedoch dar­auf hin, dass JADES-GS-z14‑0 etwa zehn­mal mehr schwe­re Ele­men­te ent­hält als erwartet.

Ich war von den uner­war­te­ten Ergeb­nis­sen über­rascht, weil sie einen neu­en Blick auf die ers­ten Sta­di­en der Gala­xien­ent­wick­lung eröff­nen“, sagt Ste­fa­no Car­nia­ni von der Scuo­la Nor­ma­le Supe­rio­re in Pisa, Ita­li­en, und Haupt­au­tor des Arti­kels, der jetzt zur Ver­öf­fent­li­chung in Astro­no­my & Astro­phy­sics ange­nom­men wur­de. „Die­ser Nach­weis einer ent­wi­ckel­ten Gala­xie im jun­gen Uni­ver­sum wirft die Fra­ge auf, wann und wie sich Gala­xien gebil­det haben.“

Künst­ler­ti­sche Dar­stel­lung von JADES-GS-z14‑0 – Cre­dit: ESO/M. Kornmesser

Zudem konn­ten die Astro­nom­in­nen und Astro­no­men durch den Nach­weis von Sau­er­stoff ihre Ent­fer­nungs­mes­sun­gen zu JADES-GS-z14‑0 sehr viel genau­er durch­füh­ren. „Der Nach­weis durch ALMA ermög­licht eine außer­or­dent­lich prä­zi­se Mes­sung der Ent­fer­nung der Gala­xie mit einer Unsi­cher­heit von nur 0,005 Pro­zent. „Die­se Prä­zi­si­on – ver­gleich­bar mit einer Genau­ig­keit von 5 cm auf einer Stre­cke von 1 km – hilft uns, unser Ver­ständ­nis der Eigen­schaf­ten ent­fern­ter Gala­xien zu ver­fei­nern“, fügt Eleo­no­ra Par­lan­ti hin­zu, Dok­to­ran­din an der Scuo­la Nor­ma­le Supe­rio­re in Pisa. Sie ist eben­falls eine Autorin der Stu­die in Astro­no­my & Astro­phy­sics[1].

Obwohl die Gala­xie ursprüng­lich mit dem Welt­raum­te­le­skop James Webb ent­deckt wur­de, konn­ten wir ihre enor­me Ent­fer­nung erst mit ALMA bestä­ti­gen und genau bestim­men,[2] sagt Pro­fes­sor Rychard Bou­wens, Mit­glied des Teams am Obser­va­to­ri­um Lei­den. „Dies zeigt die erstaun­li­che Syn­er­gie zwi­schen ALMA und JWST bei der Erfor­schung der Ent­ste­hung und Ent­wick­lung der ers­ten Gala­xien.“

Ger­gö Pop­ping, Astro­nom der ESO am Euro­pean ALMA Regio­nal Cent­re, der nicht an den Stu­di­en betei­ligt war, sagt: „Ich war wirk­lich über­rascht von die­sem ein­deu­ti­gen Nach­weis von Sau­er­stoff in JADES-GS-z14‑0. Er deu­tet dar­auf hin, dass sich Gala­xien nach dem Urknall schnel­ler bil­den kön­nen als bis­her ange­nom­men. Die­ses Ergeb­nis zeigt, welch wich­ti­ge Rol­le ALMA bei der Erfor­schung der Bedin­gun­gen spielt, unter denen sich die ers­ten Gala­xien in unse­rem Uni­ver­sum gebil­det haben.“

Endnoten

[1] Astro­no­men ver­wen­den eine Mes­sung, die als Rot­ver­schie­bung bekannt ist, um die Ent­fer­nung zu extrem weit ent­fern­ten Objek­ten zu bestim­men. Frü­he­re Mes­sun­gen deu­te­ten dar­auf hin, dass die Gala­xie JADES-GS-z-14–0 eine Rot­ver­schie­bung zwi­schen etwa 14,12 und 14,4 auf­wies. Mit ihren Sau­er­stoff­nach­wei­sen haben bei­de Teams die­se nun auf eine Rot­ver­schie­bung um 14,18 eingegrenzt.

[2] Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop ist ein Gemein­schafts­pro­jekt der NASA, der Euro­päi­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­ti­on (ESA) und der Kana­di­schen Welt­raum­agen­tur (CSA).

Hintergrundinformationen

Die­se Stu­die wur­de in zwei Arti­keln vor­ge­stellt, die in Astro­no­my & Astro­phy­sics und The Astro­phy­si­cal Jour­nal erschei­nen werden.

Die Über­set­zun­gen von eng­lisch­spra­chi­gen ESO-Pres­se­mit­tei­lun­gen sind ein Ser­vice des ESO Sci­ence Out­reach Net­work (ESON), eines inter­na­tio­na­len Netz­werks für astro­no­mi­sche Öffent­lich­keits­ar­beit, in dem Wis­sen­schaft­ler und Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­to­ren aus allen ESO-Mit­glieds­län­dern (und eini­gen wei­te­ren Staa­ten) ver­tre­ten sind. Deut­scher Kno­ten des Netz­werks ist das Haus der Astro­no­mie in Hei­del­berg.

MN

Links

Link zur Pres­se­mit­tei­lung der ESO

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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